@ Char: Ich spiele sowohl im P&P als auch in einem CRPG meist elfische Kämpfer mit einer hohen Neigung nach schicken Klamotten und diebischen Fähigkeiten. Das läuft dann darauf hinaus, dass mein Char meist einen Jäger-Schlapphut trägt, überall einbricht und die Moral eines Kriminellen an den Tag legt, was den Respekt vor dem Eigentum anderer angeht. Bei der Spielgeschichte entscheide ich mich meist dann doch für die gute Seite, obwohl ich auch mal ganz gern einen fiesen Charakterzug spiele.

@ Moral: Bei den Vor- und Nachteilen der Moral stimme ich Ralf zu. Ich verzichte auch mal eher auf eine Belohnung, Beute oder einen sonstigen Bonus, wenn ich dafür konsequent meine Charakterrolle spielen kann.
Wenn ein Spiel(-system) diese konsequente Entscheidung für eine Rolle zulässt, dann ist es für mich in diesem Aspekt unterhaltsam.

Positive Beispiele sind hierfür aus meiner Sicht die Quest bei Witcher 2 mit der Elfin Malena oder die schon von Patarival angesprochene Thronnachfolge bei den Zwergen von Dragon Age. (wobei ich echt kein Problem mit dem reformerischen Fiesling hatte smile

@ Spielboni: Wirklich negativ finde ich allerdings die Tendenz, dass moralisch vermeintlich schlechte Entscheidungen in CRPG´s mit einer höheren Ausbeute an Belohnung oder Boni verbunden werden. Manchmal ist es geradezu offensichtlich (Oblivion, Skyrim) bei welcher der Gilden bzw. Fraktionen man welche Ausrüstung oder Spielweise "aufgedrückt" bekommt, so dass die unerwartete Wendung einer Geschichte, das überraschende Moment oder einfach nur die eigene spielerische Entscheidung reduziert werden.

Ich brauche bspw. bei einem CRPG auch keine Massen an Charakterausrüstung in sich vielfarbig wiederholender Poserei, wie es tendenziell bei offeneren Welten vorkommt.
Aber eine sinnvolle Auswahl für unterschiedliche Klassen sollte ein gute Spiel liefern. Schön fand ich die Lösung bei Ultima, wo der Spielcharakter mit dem entsprechenden Talent Scheiderei (oder sowas ähnliches) auch die Kleidung teilweise selbst Färben konnte. Wenn die Spielwelt solche eigenen Charakteranpassungen zulässt, dann trägt dies ausreichend zur Atmosphäre bei. Dann ist die Entscheidung eines Spielers bei der Moralfrage auch nicht unbedingt mehr pro oder contra Belohnung, sondern wirklich pro oder contra Moral des Charakters.

Eine weitere gute Lösung fand ich durch Arcanum umgesetzt. Die Talententwicklung verschob die Magie- oder Techaffinität, bestimmte also die Spieltaktik in Gesprächen oder Kämpfen. Das Verhalten bei der Erfüllung von Questen oder die Art der Antworten wirkte sich zudem positiv oder negativ auf die Gesinnung des Charakters aus. Davon abhängig war dann auch im Spielverlauf, welche NPCs hilfreich waren oder sogar als Begleiter unterstützten.

@ vielfältige Lösungen: Zunehmend beobachte ich schon den Versuch, auch bei CRPGs offenere Wege zur Lösung von Problemen und Questen einzubauen. Nur leider sind diese Lösungswege meist (noch) durchsichtig und auf bloß stumpfe "ich bin der gute Paladin" oder "ich bin der böse Powergamer" - Klicks beschränkt.
Interessanter finde ich da ansatzweise das System von Fallout 3, wo man je nach Talent (bspw. Medizin, Wissenschaft, Rhetorik, etc.) unterschiedliche Antwortmöglichkeiten nutzen konnte, um ein Gespräch erfolgreicher zu gestalten. Dies gestattete auch eine gewisse Affinität zu der gespielten Rolle. Aber leider hat Fallout 3 und meiner Ansicht nach New Vegas noch stärker dann dieses System spätestens ab dem Midgame obsolet gemacht, da der Charakter zu schnell zu gute Werte in mindestens zwei Skills erreichte und die Art der Spezialisierung auch keine wirklich andere Lösung der Quest mit einem anderen in der Welt erlebbaren Ergebnis nach sich zog. Mehr als Abarbeiten von Aufträgen war es irgendwann nicht mehr.

@ Fraktionen und Entscheidungen: Ich finde auch die Wahl der Fraktion als eine quasi moralische Unterstützungskomponente im Spiel interessant. Bei Gothic und Teil 2 hat mir das einerseits gut gefallen, da es irgendwie ein Zugehörigkeitsgefühl des Charakters erzeugt hat. Andererseits war eine spätere Wendung des Spiels (Intrigen, Verrat, Diplomatie) für oder mit einer anderen Fraktion nicht mehr wirklich möglich, so dass eine frühe Entscheidung auch einem Spiel sehr viel Handlungsmöglichkeiten entziehen kann. Während das bei Gothic wegen der Gefängnisatmosphäre hinter der Barriere wirklich klasse war für das Spielgefühl, habe ich schon bei Gothic 2 eher einen schalen Vorgeschmack auf die bereits erprobte Fraktionsentwicklung gehabt.

@ Cheats: Es gibt ja inzwischen genug Möglichkeiten ein CRPG selbst zu manipulieren. Insofern stört es mich wenig, wenn Spieler wie Alix sich auch mal outgame helfen, um weiter zu kommen. Wenn aber das Verkaufsargument zuschlägt, und - "fies ausgedrückt" - die PC-Spiele leichtere Schwierigkeitsanforderungen stellen, damit die Konsolenspieler bei plattformübergreifenden Entwicklungen aufgrund der Eingabesysteme nicht überfordert werden, dann bringt mich das leicht an den Rand der Gereiztheit. Auch wenn ich die beengten Level und tunnelartigen Akte eines Witcher 2 von der Spielwelt her zu klein fand, habe ich die unterschiedlichen Bosskämpfe als reizvolle Herausforderung empfunden, weil der Charakter zumindest auf der Schwierigkeitsstufe Dunkel immer mal eine andere Magie einsetzen oder es mit Fallen probieren musste oder was anderes.

@ Previews: Bspw. freue ich mich auf Divinity - Original Sin, weil ich in Videos gesehen habe, dass ähnlich wie bei Fallout eine rundenbasierte Kampfanzeige der Aktionspunkte am unteren Bildschirmrand auch eine tatsächliche, rundengesteuerte Taktik erfordert. Auch gefällt mir die Idee der logischen Abfolge von Aktionen, mit Wasser- bzw. Eiszaubern versus Feuermagie. Da frage ich mich dann nur, warum eine so geniale Spielidee einerseits in ein Spiel implementiert wird und dem Spieler eine Richtung von Skillorientierung vorgibt, aber andererseits keine Erschaffung eigener Charaktere existiert. Ich habe mich zwar noch nicht ausreichend informiert, hoffe aber in Bezug auf die Individualisierbarkeit des Charakters, dass wenigstens ein leichtes Handwerkssystem existiert, wo man eigene Gegenstände fertigen kann.


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