MASS EFFECT 3:Die Bühne für das Finale ist bereitet: Die Reaper starten ihre Invasion auf die Erde und niemand kann sie aufhalten. Doch dann werden auf dem Mars Pläne für eine mögliche Superwaffe gegen die Reaper gefunden, die von den ausgestorbenen Protheanern stammen. Um diese Waffe fertigstellen und die Erde befreien zu können, muß Commander Shepard möglichst viele Verbündete in der Galaxis sammeln ...
Eigentlich ist das Fazit von "Mass Effect 3" dem des zweiten Teils sehr ähnlich: Als Rollenspiel mäßig, als PC-Spiel an sich jedoch ein echtes Erlebnis - allerdings nicht so herausragend wie bei "Mass Effect 2".
Bioware hatte ja vorher angekündigt, nach den Beschwerden vieler Rollenspieler über den sehr Ego-Shooter-lastigen zweiten Teil die Rollenspiel-Elemente wieder zu verstärken. Davon konnte ich jedoch leider nur wenig bemerken. Zwar kann man nun wieder stärker am Inventar herumbasteln, aber sonst? Es bleibt dabei: Rollenspiel ist "Mass Effect 3" - abgesehen von seltenen, dafür gravierenden Entscheidungen - nur zwischen den Missionen. Wenn man also auf der Normandy herummarschiert und sich (in gewohnt grandios geschriebenen und zumindest in der englischen Sprachversion von zahlreichen bekannten Schauspielern ebenso grandios vertonten) Dialogen mit den Crewmitgliedern unterhält oder wenn man die Citadel besucht, wo man ebenfalls viele Gespräche führen, shoppen und ein paar Miniquests bestehen kann.
Die Missionen dagegen bestehen bis auf leider zu selten eingestreute und dann viel zu kurze Gruselpassagen fast ausschließlich aus Ballereien. Die machen nach wie vor viel Laune und die Gegner-KI ist ansprechend. Angeblich wurde der Schwierigkeitsgrad erhöht, aber das kann ich nicht wirklich bestätigen. Auf "normal" (was ich fast immer wähle, weil es mir auch in reinrassigen Ego-Shootern mehr auf Story und Athmosphäre als auf die bloßen Ballereien ankommt) ist er genau passend, sprich: Ab und zu beißt man mal ins Gras, aber selbst die schwierigsten Kämpfe sind mit ein bißchen Taktik problemlos zu schaffen. Sogar so problemlos, daß ich so gut wie nie auf die biotischen Fähigkeiten zurückgreifen mußte und die jeweiligen zwei Kampfgefährten komplett sich selbst überlassen konnte (bis auf gelegentliches Heilen).
Da ich ab und zu ganz gerne mal Ego-Shooter spiele, ist die so klare Aufteilung von "Mass Effect 3" in Rollenspiel- und Shooter-Teile für mich kein riesiges Problem, schade finde ich sie dennoch. Gerade bei den Missionen wäre es sicher nicht übermäßig schwierig gewesen, für mehr Abwechslung zu sorgen, sowohl was das Missionsdesign selbst betrifft als auch das leider komplette Fehlen unterschiedlicher Lösungswege.
Im Sinne der Abwechslung finde ich es zudem bedauerlich, daß sich Bioware in diesem Teil völlig von den Minispielen der beiden Vorgänger verabschiedet hat. Ich weiß, daß die bei vielen Spielern eher unbeliebt waren, aber ich fand sie immer nett gemacht und eben eine nette Abwechslung vom sonstigen Einerlei. Ob es wirklich eine Verbesserung ist, wenn man, um z.B. eine blockierte Tür zu öffnen, anstatt eines Minispiels einfach nur dasteht und zuschaut, wie die Spielfigur selbständig an der Tür herumspielt, bis sie sich öffnet, halte ich für höchst fragwürdig ...
Außerdem vermisste ich sehr die Mini-Missionen, die man im zweiten Teil durch das Scannen von Planeten freischalten konnte. Das Scannen gibt es zwar noch, nun wird man aber lediglich durch (vergleichsweise) öde Texteinblendungen belohnt.
Leider ist auch der Rollenspiel-Teil nicht perfekt geraten. Beispielsweise habe ich wie schon bei den letzten Bioware-Spielen weiterhin ein Problem mit der Mechanik der Dialoge. Ich finde es einfach dämlich, daß die "gute" und die "böse" Antwortmöglichkeit (mehr Alternativen gibt es leider sowieso fast nie) immer an der gleichen Stelle im Dialograd zu finden sind. Sorry, aber für mich ist das Kindergarten. Es wäre doch viel spannender, wenn man wie in früheren Zeiten verschiedene, zufällig angeordnete Dialogmöglichkeiten zur Wahl hätte, sodaß man tatsächlich gezwungen wäre, zumindest EIN BISSCHEN darüber nachzudenken, was man auswählt. Aber dafür müßte Bioware natürlich das Schlagwort-System wieder über Bord werfen und komplette Dialoge anzeigen. Oder wenn es ansonsten wenigstens wie bei den "Witcher"-Spielen neben "gut" und "böse" auch noch eine neutrale Dialogoption gäbe. Aber nein, Bioware hält es simpel.
Viele stört das wahrscheinlich nicht und ob der Qualität der Dialoge ist es sicherlich ein verschmerzbarer Punkt - aber dennoch einer, der mir konstant störend im Hinterkopf herumschwirrte. Und außerdem summieren sich die für sich genommen verschmerzbaren Kritikpunkte leider.
Das größte Manko des Spiels ist jedoch in meinen Augen, daß es die vermeintliche und (eigentlich zurecht) hochgelobte Entscheidungsfreiheit der beiden vorangegangenen Spiele ad absurdum führt. Ich habe mich schon immer gefragt, wie Bioware im dritten Teil eigentlich den zahlreichen, nicht selten schwerwiegenden Entscheidungsmöglichkeiten gerecht werden will. Nun habe ich die Antwort: (fast) gar nicht. Natürlich gibt es im Detail schon Unterschiede und Entscheidungen aus den ersten beiden Spielen können sogar das Schicksal mindestens eines Crewmitglieds bestimmen - aber unterm Strich ist die relative Folgenlosigkeit der Handlungen des Spielers einfach enttäuschend.
So hervorragend die Dialoge wiederum geschrieben sind, so herzzerreißend manche Handlungsentwicklungen sind, so wunderbar cineastisch und mit toller Musik von Filmkomponist Clint Mansell ("The Fountain", "Requiem for a Dream") versehen die Zwischensequenzen sind - auch in diesem Bereich haben mir beide Vorgänger noch besser gefallen. Die speziell im Vergleich zu "Mass Effect 2" sehr viel niedrigere Zahl fester Party-Mitglieder wird von Bioware damit begründet, daß man sich lieber auf ein paar zentrale Charaktere konzentrieren und deren Geschichten dafür umso tiefgehender ergründen wolle. Leider erneut Fehlanzeige. Auch wenn das nur etwas umfangreichere "Mass Effect 2" etwa doppelt so viele Party-Mitglieder integriert hat wie der dritte Teil: Die meisten davon haben mich emotional stärker berührt als die zentralen Charaktere von Teil 3. Natürlich ist das in diesem Fall wirklich Klagen auf sehr, sehr hohem Niveau. Auch ME3 bietet mehr, überzeugendere und mitreißendere Charakterentwicklungen als die meisten anderen Spiele. Aber es ist doch augenfällig, daß die besten und erinnerungswürdigsten Storys über jene Figuren erzählt werden, die diesmal eigentlich nur eine Nebenrolle spielen. Die zentralen Partymitglieder, auf die man sich angeblich so stark konzentrieren wollte, bleiben relativ blaß.
Womit wir beim - wer ein bißchen die Computerspiel-Meldungen der letzten Wochen verfolgt hat, wird es vielleicht mitbekommen haben - heiß diskutierten und von nur wenigen Spielern geliebten Ende von "Mass Effect 3" wären. Grundsätzlich ist es nicht schlecht. Nur ergibt sich das gleiche Problem wie eben skizziert: Angesichts der so zahlreichen möglichen unterschiedlichen Entwicklungen von Spieler und Spielwelt sind
verschiedene Endsequenzen, die sich zudem in der Darstellung nur marginal voneinander unterscheiden (inhaltlich sind die Unterschiede deutlich größer, aber davon bekommt man ja nichts mehr zu sehen) einfach zu wenig und in dieser Form - ich weiß, ich wiederhole mich - enttäuschend.
Fazit: Diese Rezension klingt sicherlich deutlich negativer als es mein Eindruck vom Spiel tatsächlich ist. Aber wer durch herausragende Vorgänger extrem hohe Erwartungen für das Finale dieser bombastischen Trilogie schürt, der stößt einfach schnell auf Enttäuschung, wenn er diese Erwartungen nicht restlos erfüllen kann.
Ich bereue es keinesfalls, "Mass Effect 3" gespielt zu haben. In der gängigen Wertungspraxis von 0 bis 100% würde ich es irgendwo zwischen 80 und 85% einsortieren. Der erste Teil lag ebenfalls in diesem Bereich (bessere Handlung, schlechtere Spielmechanik), von "Mass Effect 2" dagegen war ich restlos begeistert, da wären eher 95% angebracht. Und an diese herausragende Qualität des direkten Vorgängerspiels konnte der Abschluß der Trilogie schlicht und ergreifend nicht anknüpfen.