Das ist das Interview das in der Aktuellen GameStar abgedruckt sein wird.
Das Forumsmitglied "Diffy" aus dem WOG Forum, hat wohl a. ein Abo, und b. sich die Zeit genommen das ganze abzutippen.

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MAKING OF GOTHIC 2
Wie das populärste deutsche 3D-Rollenspiel in nur einem Jahr Entwicklungszeit entstand - und wie es in Gothic 3 weitergeht.

Vor 2 Jahren erschien Gothic 2, Nachfolger des 2001 veröffentlichten Gothic, das Rollenspiel-Fans mit seiner dichten Atmosphäre und ungewöhnlichen GEschichte um eine Gefängsniswelt begeisterte. Eigentlich wollten die Entwickler von Piranha Bytes nach dem ersten Teil ein ganz neues Spiel erschaffen, doch nach sanftem Druck von Fans und Publisher brachen sie erneut in die Fantasy-Welt auf. Wie das Team in kürzester Zeit einen würdigen Nachfolger aus dem Boden stampfte, erzählten uns Mike Hoge und Kai Rosenkranz.

Kampf gegen die Zeit

Gothic 2 sollte nicht erst 2 oder 3 Jahre später erscheinen, wenn sich keiner mehr an den Vorgänger erinnern kann. Doch wie in einem Jahr eine neue Grafik-Engine mit neuen Leveln, Charakteren & Co entwickeln? Vieleicht kaufen? »Für die Lizensierung einer existierenden Technologie fehlte uns das Geld«, errinert sich Kai Rosenkranz. »Darüber hinaus hätte es die mit 11 Monaten recht knapp geplante Entwicklungszeit, unmöglich gemacht sich erst langwierig in eine fremde Engine einzuarbeiten, oder eine eigene zu Entwickeln. Also beschlossen wir, die bewährten Gothic-Routinen zu nutzen und sie für die notwendigen Grafik-Verbesserungen für Gothic 2 entsprechend aufzurüsten.« Das war allerdings leichter gesagt als getan, denn: »Die Hälfte der hoch gelobten KI bestand aus komplizierten Tricks, mit denen wir halbwegs erfolgreich diverse Bugs umschifft haben - für die andere Häfte galt das gleiche, allerdings ohne das Wort erfolgreich.« Mike ergänzt: »Während der Entwicklung von Gothic wurden sämtliche Spielbausteine so oft geändert, gehackt und ineinander verwoben, dass es umöglich war einzelne Teile sauber zu ersetzen. Wir konnten also nur an bestimmten Stellen eingreifen, um zu verhindern, dass uns das gesamte Kartenhaus zusammenfällt. So war es zum Beispiel umöglich die Wegfindung zu verbessern. Deshalb geht etwa Lester in Gothic 2 nicht selbst zu Xardas Turm, sonder wird in der Abwesenheit des Spielers dorthin teleportiert, denn wir konnten nichts sicherstellen, dass er an seinem Ziel ankam ohne unterwegs hängen zu bleiben oder gar in den Tod zu stürzen. In Gothic 3 haben wir dieses Problem in den Griff bekommen.« Kai schildert ein anderes Problem: »Viele Kritiker bemängelten die ihrer Meinung nach komplizierte Steuerung von Gothic. Diesen Punkt wollten wir im 2. Teil unbedingt ausmerzen.« So mussten sich die Entwickler vor dem eigentlichen Spieldesign mit verspätetem Bug-Fixing auseinandersetzen und schraubten ihre eigenen Ansprüche herunter: »Während wir uns mit Gothic mit dem Anspruch, eine Spielwelt mit einer komplett nichlinearen Geschichte und maximal möglicher Handlungsfreiheit anzubieten, grenzenlos überfordert hatten, waren wir beim zweiten Teil etwas zurückhaltender bei den Zielen«

Mehr Details, mehr Story

Im Vergleich zum ersten Teil sollte Gothic 2 vor allem mit einer noch detailreicheren Spielwelt brillieren. Doch die Gestaltung der Schauplätze verlief nicht ganz problemlos. »Bei der Hafenstadt Khorinis zeigten sich die ersten Schwierigkeiten«, gesteht Mike. »Die Vilezahl von Menschen, Häusern, Gegenständen und Lichtquellen auf engstem Raum zwang die Performance in die Knie. Wir mussten also einiges von unserem ursprünglichen Vorhaben streichen, haben aber dennoch im Endeffekt eine Lesitungssteigerung von 100% hinbekommen. Das äußert sich im Vergleich mit Gothic zwar nicht mehr in Frames pro Sekunde, aber in höherer Texturauflösung und Objektdichte.«
Neben dichteren Objekten und einer ebenso dichten Atmosphäre sollte auch die Story noch umfangreicher werden. So umfangreich, dass sie erst im Addon 'Die Nacht des Raben' zu Ende erzählt werden konnte? »Nein«, antwortet Kai. »Die Planungen für die Erweiterung begannen erst nach der Fertigstellung von Gothic 2. Wie schon beim Schritt vom ersten zum zweiten Teil der Serie standen wir wieder vor der Aufgabe, lose Enden der bestehenden Geschichte zu identifizieren und aufzugreifen. Außerdem haben wir die Gelegenheit genutzt, die Hintergrundgeschichte mit zusätzlicher Tiefe zu versorgen, indem die Spieler im Addon mehr über die Vorgeschichte der Insel Khorinis erfahren.« Mike fügt hinzu: »Wir haben die Elemente mit dem größten Potential ausgewählt und daraus eine neue Geschichte gestrickt. Dadurch ist bei manchen Spielern der Eindruck entstanden wir hatten alles von vornherein so geplant - aber dem war nicht so. Was es jedoch vorher gab, war ein geschichtlicher Hintergrund für alle Episoden.«

Drei Freunde sollt ihr sein

Einer der reizvollsten Punkte von Gothic war die unverbrauchte Story mit der Gefängniswelt und ihren unterschiedlichen Lagern. Demgegenüber wirkte das Szenario von Gothic 2 fast wieder wie mittelalterliche Fantasy-Standardkost. Kai Rosenkranz erzählt: »Das war auch bei uns einer der polariserendsten Entscheidungen, die wir zu treffen hatten. Ein Teil des Teams, mich eingeschlossen, konnte sich Drachen, Paladine und postkartentaugliche Blumenwiesen-Motive in der Welt von Gothic nicht wirklich vorstellen. Auch das Spieler-Feedback ging hier weit auseinander. Manche meinten, dass der Vorgänger die Interessantere Atmosphäre gehabt hätte, anderen wiederum gefiel der zweite Teil besser. Gothic 3 wird auf jeden Fall eher dem ersten Teil ähneln. Der zweite Teil stellte eine Art Bindeglied dar, in dem wir die Welt außerhalb der Gefängnis-Kolonie präsentieren wollten. In Gothic 3 wird diese Welt fast komplett von Orks besetzt sein.« Bindeglied ist ein gutes Stuchwort: In viele Rollenspiel-Serien kann man seinen liebgewonnenen helden in den nächsten Teil importieren. Warum war das bei Gothic 2 nicht möglich? »Wir sind der Meinung, dass es einen wesentlichen Teil des Spielspaßes ausmacht, seinen Chrakter zu steigern«, antwortet Mike. »Das wäre mit einem übernommenen Superhelden aus dem ersten Teil schwierig geworden. Es ist aber auch auf die Dauer langweilig immer wieder ganz von vorne anfangen zu müssen, und so wird der Held in Gothic 3 nicht mit seinem Schiff kentern, wie viele vermuten, sondern ganz gemütlich am Festland von Myrtana anlegen. Allerdings wird man seinen alten Charakter auch jetzt nicht übernehmen können. Wie gesagt: Warum sollte man einen Superhelden noch steigern wollen?«

Abschlussgedanken

Elf Monate, 13 Mann im Team - woran denkt man nach einer so intensiven Zeit zurück? Mike Hoge erinnert sich »Auchwenn wir in Gothic 2 nicht alles so machen konnten, wie wir es gerne gewollt hätten, sind wir mit dem Ergebnis sehr zufrieden. In einem so kleine Team muss jeder sein Bestes geben und mehrere Aufgaben übernehmen. Aber gerade das ist auch unsere Stärke. Weil wir so wenige sind, gibt es wenig Missverständnisse, dafür viel gegenseitiges Verständnis und dadurch vor allem eine schnelle Reaktionszeit - und das nicht nur wenn mal etwas schief läuft.« Kai Rosenkranz: »In Gothic hatten wir hinsichtlich der nichlinearen Story unsre Pulver schon nach dem ersten Kapitel verschossen und den Spieler dann auf einen vorgegebenen Storystrang gezwungen. Im zweiten Teil war das Verhältnis zwischen Freiheit und festen Bahnen etwas gelungener, was uns viel Ärger erspart hat. Nur so war es möglich, mit gerade mal 13 Piranhas in so kurzer Zeit einen würdigen Nachfolger zu basteln.«


Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile(Aristoteles)
Aber wenn man das einzelne nicht mehr beachtet, hat das ganze keinen Sinn mehr (Stone)