Ich haette nicht gedacht, dass das moeglich waere, aber es ist tatsaechlich passiert: Sony hat die Komoedie "The Interview" mit James Franco und Seth Rogen kurz vor dem Kinostart komplett gestrichen.

Wer die Story nicht in den Nachrichten verfolgt hat: In "The Interview" erhalten zwei US-Journalisten die seltene Gelegenheit, ein Interview mit Nordkoreas Kim Jong Un zu fuehren - woraufhin sie von der CIA angeworben werden, um den Diktator bei dieser Gelegenheit umzubringen. In der Kinovorschau auf meinem Blog hatte ich angesichts wuterfuellter nordkoreanischer Reaktionen auf diese Handlung noch darueber gewitzelt, dass "The Interview" von Nordkorea allen Ernstes als "kriegerische Handlung" eingestuft wurde, selbstverstaendlich verbunden mit der Drohung ernster Gegenmassnahmen.

Wirklich ernstgenommen hat das damals wohl keiner, doch richtig ernst wurde es, als (vermutlich nordkoreanische) Hacker das Firmennetzwerk von Sony gehackt und unter anderem mehrere noch nicht erschienene Filme im Internet geleakt haben. Aergerlich genug fuer Sony; schlimmer wurde es aber, als auch interne E-Mails ins Internet gestellt wurden, in denen nicht nur einige Filmstars gedisst wurden, sondern auch US-Praesident Obama mit rassistischen Bemerkungen bedacht wurde. Endgueltig die Reissleine gezogen hat Sony, nachdem in den letzten Tagen "Terrorangriffe im 9/11-Ausmass" auf Kinos angedroht wurden, die "The Interview" zeigen. Nachdem daraufhin einige Kinoketten den Film vorsichtshalber aus dem Programm genommen haben, hat Sony die Veroeffentlichung des Films nun komplett gestoppt.

Meine Vermutung ist ja, dass die Anschlagsdrohungen fuer Sony nur offiziell die Begruendung fuer diesen Schritt sind - insgeheim hatten sie vermutlich mehr Angst davor, dass noch mehr peinliche interne Dokumente leaken ...

Nunja, die Reaktionen sind jedenfalls relativ eindeutig, denn selbstverstaendlich gefaellt es den wenigsten, dass auf diese Weise tatsaechlich Nordkorea "gewonnen" zu haben scheint. Vor allem Filmschaffende sind natuerlich wuetend, zumal ein anderes Studio auch gleich noch einen weiteren geplanten (ernsthafteren) Film mit Nordkorea-Thematik gecancelt hat. Ich bin gespannt, wie sich das alles noch entwickelt, aber eines steht fest: Fuer Sony ist die ganze Geschichte so oder so ein nie dagewesenes PR-Debakel.

Kuriosum am Rande: Das US-Kultkino "Alamo Drafthouse" ersetzt "The Interview" kurzerhand durch den Puppen-Animationsfilm "Team America: World Police" von den "South Park"-Machern aus dem Jahr 2004. Darin ist Kims Vater Kim Jong Il der Boesewicht, damals gab es aber komischerweise kaum Proteste aus Nordkorea. Geruechteweise soll Kim den Film sogar gesehen und sich dabei recht gut amuesiert haben (immerhin kamen die Amis darin auch nicht sonderlich gut weg) ...