Originally Posted by Ralf
Wenn nicht wir, die wir in dem Land leben, das den Holocaust verschuldet hat, diese Pflicht haben - ja, wer denn verdammt noch mal dann?

Ich jedenfalls nicht. Ich habe nicht die Pflicht in der Vergangenheit zu leben und stets an Verbrechen erinnern zu müssen, mit denen ich nichts zu tun habe. Ich habe wie jeder Mensch ein Recht auf Zukunft. Und ich lasse meine Identität von ewiggestrigen Klageweibern wie Gauck auch nicht durch Verbrechen des Dritten Reiches definieren. Ich muss mich für die Befreiung von Auschwitz auch nicht in Dankbarkeit vor der Roten Armee verneigen, die auf dem Weg dorthin zigtausende fliehende deutsche und polnische Zivilisten misshandelt, vergewaltigt und getötet hat - unter anderem auch Angehörige meiner Familie.

Aber ich wüsste gern, ob sich die Israelis in 70 Jahren noch in Gedenkveranstaltungen an ihre Kriegsverbrechen z.B. in Gaza erinnern, oder daran, dass sie die Kriegsgegner in ihrer Bevölkerung heute öffentlich bespucken, mit Steinen bewerfen und zusammenschlagen. Oder das sie den Widerstand in der eigenen Armee gegen diese Kriegsverbrechen als Vaterlandsverrat bezeichnen und eine Verurteilung durch ein Kriegsgericht fordern. Oder dass ihre Familien die eigenen Kinder verstoßen, wenn diese Kritik an den Kriegsverbrechen üben.

Aber eigentlich brauche ich das auch nicht, denn im Grunde weiß ich, dass wir die einzigen sein werden, die ständig zurückschauen, statt nach vorne. Für mich jedoch ist das 20. Jahrhundert und seine Kriege vor 15 Jahren beendet gewesen und ich sehe nicht mehr zurück und lasse mich auch von niemandem dazu bringen.