Nun, ich muss zugeben, dass ich nicht alle Posts durchgelesen habe, fühle mich aber ein wenig "genötigt" Gothic "in Schutz zu nehmen".
Also ehrlich: Von all in der Letzten Zeit erschienenen RPGs sind die Rätsel und Quests von Gothic mit Sicherheit nicht die Unintelligentesten, zudem sie auch wirklich in die Story eingebettet sind. Kaum ein RPG kommt derzeit über die klassischen "Hohl Gegenstand A aus Dungeon B und bring ihn zu Person C" sowie ein paar Schalter- oder Scheibepuzzles hinaus. Und sogenannte "Handlungsmonster" wie "BG2" erschlugen einen in Wirklichkeit doch nur mit so viel Nebenquests, dass man die Hauptstory aus den Augen verlor. Die Aufgaben selber beschränkten sich meist auch auf "hau drauf". Von stimmigen "Endlosquests" wie in Ultima7 kann man z.Z. wohl nur träumen.
Gothic hat für mich eine kleine, aber extrem dichte Story, die in einer kleinen, aber extrem lebendigen Welt spielt. Aus diesem Grund muss ich auf gedeih und verderben einen Mann im "Männerknast" spielen. Anders würde es nicht funktionieren, bzw. man müsste ein dutzend gleichwertiger Storys schreiben und coden ... oder kann sich jemand Gothic in einem "Weltsimulator" wie Morrowind vorstellen.
Was die "Realität" einer Spielwelt angeht, so kann ich mich eigentlich nur Stunner anschließen. Eine Geschichte (und was ist ein RPG letztlich anderes?) benötigt eine innere Logik, hier herrschen andere Gesetzmäßigkeiten als in der "realen" Welt. Will man irgendwelche "moralische" Ansprüche stellen, so sollte man sie unter dem Gesichtspunkt sehen: Was ist der Geschichte dienlich, welchen Zweck verfolgt sie. Was der Leser/Spieler daraus macht - ob er sie als Katharsis oder Eskapismus nutzt - sollte ihm überlassen bleiben. Solange er Realität und Fiktion noch unterscheiden kann, ist meiner Meinung nach alles erlaubt. Eine vernünftige Alterskontrolle vielleicht vorausgesetzt <img src="/ubbthreads/images/graemlins/winkwink.gif" alt="" /> <img src="/ubbthreads/images/graemlins/winkwink.gif" alt="" />
Interessant finde ich, dass viele (jüngere?) Spieler den klassischen Helden (wie der Avatar aus Ultima) als öden "Tugendbold" betrachten. Zudem scheint es vielen (jüngeren?) Spieler zu gefallen, wenn es möglich ist "böse" zu spielen ... und wenn ich in manchen Foren Sachen lese wie: "Ich hab jetzt die ganze Spielwelt abgemurkst ... wie kann ich die Story weiterspielen?" fällt mir auch nichts mehr ein. Da scheint Gothic wohl zum Teil ein sehr junges (unreifes?) Publikum anzusprechen. Im Joowood-Forum habe ich irgendwo eine Post gelesen, in der das Durchschnittsalter der Gothic-Spieler mit dem von Arx Fatalis verglichen wurde ... da lagen Welten dazwischen ... obwohl sich die Spiele doch recht ähnlich sind ... Medienhype?
Aber eigentlich sollten wir uns ja freuen ... solange dank solcher Spieler auch die Verkaufszahlen stimmen können wir uns auf eine Fortsetzung und über ein paar arbeitslose deutsche Programmierer weniger freuen.
Interessant finde ich die Frage, wie weit ein RPG gewaltfreie Lösungen anbieten kann, ohne zu einem Adventure zu werden. Also ich kann mir das sehr gut vorstellen und Programme wie Fallout 1+2 oder Planescape Torment haben es in Ansätzen ja schon bewiesen. Und dort wurden die "gewaltfreien" Lösungen immer mit mehr XPs belohnt als die "hau drauf" Methode. In einem Rollenspiel geht es darum, eine Rolle zu spielen, das heißt nicht unbedingt Kampf. Immerhin kann/könnte ich auch mit Eigenschaften wie "Intelligenz, Charisma, Ansehen, Respekt" oder "Furchteinflößend, Anziehend, Redegewandheit, Lesen, Fremde Sprachen ... die Liste ließe sich unendlich fortführen" arbeiten. Und richtige LucasArts Rätsel, kombiniert mit einem intelligenten Eigenschaftssystem und verpackt in eine 3D-Welt wie die von Gothic wäre sowieso mein Traumspiel.
So, ich konnte nicht auf alle Aspekte der Diskussion eingehen, muss jetzt aber Schluss machen ...
... ich hoffe, trotzdem ein paar neue Blickwinkel eingebracht zu haben ...
... bis bald ...
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