ADAPTION - DER ORCHIDEENDIEB:
Es gibt wohl kaum einen anderen Film mit einer derart phantastischen Entstehungsgeschichte ...
In Kurzform:
Drehbuchautor Charlie Kaufman ("Being John Malkovich") soll den dokumentarischen Roman "Der Orchideendieb" der Journalistin Susan Orlean adaptieren - in diesem Roman geht es tatsächlich eigentlich nur um Blumen! Nur zwei größere Charaktere (der Dieb und Orlean selbst), kaum Handlung - wie zum Teufel soll man DAS zu einem Drehbuch umschreiben??? Kaufman hat also eine schwere Schreibblockade. Irgendwann kommt er in seiner Verzweiflung auf die Idee, diese Blockade auszunutzen - und sich SELBST in das Drehbuch zu schreiben! So wurde also aus einem Drehbuch über ein "Blumen-Buch" ein Drehbuch über einen Drehbuchautor, der versucht, ein "Blumen-Buch" fürs Kino zu adaptieren ... <img src="/ubbthreads/images/graemlins/biggrin.gif" alt="" />
Zusätzlich hat Kaufman noch seinen fiktiven Zwillingsbruder Donald in die Geschichte eingebunden, eine lebenslustige, aber ziemlich untalentierte und oberflächliche Person, die mit einem haarsträubend schwachsinnigen Serienkiller-Drehbuch Riesenerfolg hat und damit Charlies Selbstwertgefühl nur noch weiter untergräbt. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smile.gif" alt="" />

Die beiden Zwillingsbrüder werden genial gespielt von Nicolas Cage, der für seine mit Abstand beste Rolle seit "Leaving Las Vegas" mal wieder für den OSCAR nominiert wurde.
Im Gegensatz zu vielen anderen Filmen kann man hier die Zwillinge nicht durch unterschiedliche Kleidung, Frisur oder ähnliches unterscheiden, sondern allein durch Cages überragendes Spiel!
Ebenfalls für den OSCAR nominiert wurde Chris Cooper als der Orchideendieb und ebenfalls wie üblich überragend spielt Meryl Streep als Susan Orlean.
Bei solch phantastischen schauspielerischen Leistungen ist es fast mehr, als der Hollywood-gewöhnte Zuschauer vertragen kann, daß auch das Drehbuch ausgezeichnet geworden ist. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/biggrin.gif" alt="" />
Es strotzt nur so vor genialen, originellen Einfällen und Anspielungen auf Hollywood und dessen ganzes Brimborium. Selbst der Dreh zu "Being John Malkovich" samt Darstellern (John Malkovich, John Cusack, Catherine Keener) wird hier nochmal humoristisch aufgenommen. Dabei bleibt jedoch auch der Tiefgang nicht auf der Strecke.
Das einzige, bei dem ich mir nicht ganz klar darüber bin, was ich davon halten soll, ist die doch sehr abgefahrende Wendung gegen Ende des Films, die eigentlich nicht ganz zum Rest paßt.
Insgesamt jedoch hat mir "Adaptation." (so der Originaltitel - inklusive des Punktes! <img src="/ubbthreads/images/graemlins/winkwink.gif" alt="" />) sehr gut gefallen, besser noch als "Being John Malkovich" (übrigens wurden beide Filme von Spike Jonze realisiert). Mein Lieblingszitat: "Du bist, was du liebst. Nicht, wer dich liebt."
9 Punkte.

P.S.: Fieserweise werden als Drehbuchautoren in den Credits tatsächlich Charlie UND Donald Kaufman aufgeführt - darauf ist schon so manch schlecht vorbereiteter Kritiker hereingefallen ... <img src="/ubbthreads/images/graemlins/biggrin.gif" alt="" />

Last edited by Ralf; 18/03/03 04:28 PM.