LUTHER:
Als bekennender Atheist habe ich versucht, "Luther" nicht als religiösen Film zu sehen, sondern vielmehr als ein Historiendrama. Und so will ich ihn auch bewerten.
Denn als Historienfilm ist "Luther" - übrigens trotz internationaler Besetzung offiziell ein deutscher Film - sehr gut!
Im frühen 16. Jahrhundert will der junge Theologiedozent Martin Luther (Joseph Fiennes) in Wittenberg die römisch-katholische Kirche reformieren. Vor allem der weit verbreitete Ablaßhandel (kurz gesagt: Geld für Erlösung!) ist ihm dabei ein Dorn im Auge. Die Menschen hören auf Luther und glauben ihm. Das wiederum ist Papst Leo (Uwe Ochsenknecht!) und vielen Kardinälen ein Dorn im Auge, weil sie sowohl Einfluß als auch Geld schwinden sehen. Luther soll nach Rom zur heiligen Inquisition, doch Kurfürst Friedrich der Weise (Sir Peter Ustinov) nimmt ihn in Schutzhaft.
"Luther" ist ein echtes Epos, das teilweise mit Filmen wie "Braveheart" verglichen wird. Allerdings muß man anmerken, daß es hier keinerlei größere Kampfszenen gibt. Aber die Atmosphäre ist durchaus vergleichbar. Kameraführung, Musik, Dialoge, Ausstattung - alles wunderbar. Und die Besetzung ist absolut außerordentlich. Vor allem Joseph Fiennes in der Titelrolle und Mathieu Carriére als Kardinal Cajetan ragen aus dem sehr guten Ensemble (zudem noch Benjamin Sadler, Alfred Molina, Bruno Ganz, Claire Box, Maria Simon) heraus. Und zuallererst muß natürlich der große, der wunderbare, der einzigartige Sir Peter Ustinov genannt werden! Für seine Leistung müßte er eigentlich eine weitere OSCAR-Nominierung erhalten. Insgesamt ein sehr guter Historienfilm, einzige Schwäche ist, daß der Film sich in der zweiten Hälfte der 120 Minuten vielleicht ein wenig zu sehr in die Länge zieht.
9 Punkte.

Jetzt noch einige Anmerkungen aus religiöser Sicht: Sicherlich wird die katholische Kirche diesen Film nicht lieben. Denn sie kommt nicht allzu gut weg. Andererseits ist es nunmal Tatsache, daß die Kirche zu jener Zeit eher mafiöse Züge trug ... Zudem werden die Katholiken durchaus differenziert dargestellt, nur die wenigsten sind wirklich vollkommen verbohrt.
Auf der anderen Seite werden auch die "Reformatoren" keineswegs als Superhelden gezeigt. Selbst Luther hat fast schon schizophrene Züge (ähnlich wie Johanna von Orleans in Luc Bessons "Die Jungfrau von Orleans"). Angesichts der Tatsache, daß der Film von der amerikanischen lutheranischen Kirche (keine Ahnung, wie die genau heißt) mitfinanziert wurde, hätte ich soviel Differenzierung gar nicht unbedingt erwartet.
Inwieweit die Geschehnisse im Film tatsächlich historisch akkurat sind, kann ich nicht beurteilen, da ich mich mit dieser Episode der Weltgeschichte nicht wirklich gut auskenne. Aber als Film funktioniert "Luther" auf jeden Fall. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/up.gif" alt="" />

Interessant auch, daß der Film in den USA zwar eher durchschnittliche Kritiken erhielt. Die Zuschauerreaktionen waren allerdings sehr positiv und so läßt sich auch erklären, daß sich "Luther" nun schon seit 5 Wochen trotz einer geringen Anzahl an Kopien konstant in den Top20 hält. Gemessen am Einspielergebnis je Filmkopie sogar in den Top10. Bereits jetzt steht fest, daß "Luther" in den USA einer der fünf erfolgreichsten deutschen Filme werden wird.