LOST IN TRANSLATION:
Der amerikanische Schauspieler Bob Harris (Bill Murray) ist für eine Woche in Tokio, um einen Whiskey-Werbespot zu drehen.
Im gleichen Hotel ist die junge Charlotte (Scarlett Johansson), die ihren Mann (Giovanni Ribisi) - einen Fotografen - begleitet, der sie aufgrund eines Auftrags für ein paar Tage alleine in Tokio lassen muß.
Sowohl Bob als auch Charlotte leiden aufgrund des Jetlags unter extremer Schlaflosigkeit. Beide haben Schwierigkeiten, sich mit der japanischen Mentalität anzufreunden. Beide sind irgendwie unzufrieden und - obwohl ständig umgeben von unzähligen Menschen - einsam.
So ist es fast zwangsläufig, daß die beiden sich immer wieder treffen. Zuerst im Fahrstuhl. Dann in einer schlaflosen Nacht in der Hotelbar. Sie freunden sich an. Vergnügen sich bei Karaoke. Reden über ihre Probleme.

Zugegeben. Das klingt wie ein reichlich schwermütiger Film. Ist es auch irgendwie. Aber es muß doch seinen Grund haben, daß "Lost in Translation" bei den Golden Globes in der Kategorie "Musical/Komödie" geführt wird und nicht als "Drama"? Hat es auch. Denn der Film strotzt nur so vor skurriler Situationskomik. Und Bill Murray haut einen trockenen Spruch nach dem anderen heraus.
Dennoch würde ich "Lost in Translation" auch nicht als Komödie bezeichnen. Dafür ist er dann doch zu traurig. Ich habe eigentlich keine Ahnung, in was für ein Genre er passen würde. Es ist einfach ... ein wunderschöner, melancholischer und lustiger Film mit zwei sensationellen Schauspielern in den Hauptrollen.
Mal ehrlich: Ich fand Bill Murray schon immer toll. Aber wer hätte ernsthaft erwartet, daß er jemals zum großen OSCAR-Favoriten avancieren würde? Ich jedenfalls nicht. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smile.gif" alt="" />
Aber hier spielt er wirklich unglaublich. Und von Scarlett Johansson schwärme ich ja schon seit "The man who wasn´t there" und "Ghost World".
Dazu kommt aber die wunderbare Regie von Sofia Coppola, Tochter von Francis Ford Coppola ("Der Pate"-Trilogie), der hier auch als ausführender Produzent fungiert. Und selten hat man so deutlich gemerkt, wie wichtig eine souveräne und innovative Regie für einen Film sein kann wie hier. Da reicht eine einzige, völlig unspektakuläre Szene (der hochgewachsene Bill Murray steht im Fahrstuhl und ragt zwei Köpfe über die ganzen Japaner hinweg), um die Einsamkeit von Bob Harris zu zeigen. Ein Lächeln von Scarlett Johansson sagt mehr aus als so manch kompletter Film.
Zugegeben: Zunächst ist es vielleicht etwas schwer, in den Film hereinzufinden. Weil es eine so vollkommen andere Erfahrung ist als bei den meisten anderen Filmen. Aber wenn man sich nur ein klitzekleines bißchen darauf einläßt, wird man sehr schnell dem Charme und der Melancholie dieses Meisterwerks erliegen.
Und am Ende das Kino zugleich glücklich, traurig und nachdenklich verlassen. Auch, weil man sich so sehr mit Bob und Charlotte identifizieren kann. In den 105 Minuten lernt man sie so gut kennen, daß man sie anschließend richtiggehend vermißt. Der Abschied der beiden auf der Leinwand ist auch ein Abschied vom Publikum. Und das Publikum verabschiedet sich ebenso widerstrebend wie die beiden sich voneinander verabschieden.
Ganz großes Kino von Sofia Coppola und ein mehr als würdiger Auftakt des Kinojahres 2004.
9,5 Punkte.
Könnte sich noch auf 10 Punkte erhöhen, falls er mir beim zweiten Sehen (und das werde ich hoffentlich trotz Prüfungsstreß noch schaffen) noch genauso gut gefällt.

Last edited by Ralf; 12/01/04 05:06 PM.