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2.) Gerade weil Du auch kein christlicher Mensch bist, hätte mich Deine Meinung schon sehr interessiert.

Dann verstehe ich den anderen Beitrag noch weniger... es freut mich ja, wenn Du meine Bewertung lesen willst, aber warum schreibst Du dann, daß Du sie nicht lesen willst? Zum einen ist das schlichtweg unlogisch, zum anderen auch nicht die feine Art, wenn man ganz ehrlich sein will.

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Ich bin kein christlicher Mensch, aber ich denke trotzdem, daß dieser Film, was den religiösen Zusammenhang betrifft, höchst überbewertet wird. Er konzentriert sich auf einen sehr kleinen Teil der biblischen Geschichte und ist damit auf religiöser Ebene unbefriedigend. Und diese Tatsache ist auch die Quelle für die Vorwürfe des Antisemitismus. Ja, das jüdische Volk wird als ein wilder und unbarmherziger Haufen dargestellt; ja, Jesus wird als der arme, leidende Kerl gezeigt; ja, die Römer - allen voran Pilatus - sind diejenigen, die keine andere Wahl haben, als Jesus zu töten. Und das ist der Grund, warum man diesen Film auf seine Art antisemitisch bezeichnen kann, da es sich um einen übertriebene und überzogene Darstellung jener Zeit handelt.
Aber das ist nicht die Bible. Wie schon erwähnt, ich bin kein christlicher Mensch und eigentlich verachte ich die heutigen Massenreligionen, aber die Bibel ist nun einmal eines der einflußreichsten Bücher aller Zeiten - und abgesehen von der Tatsache, daß es eher simpel geschrieben ist, handelt es sich dabei auch um ein sehr interessantes Buch. Und es beinhaltet mehr als die letzten 12 Stunden Jesu. Tatsächlich stellen auch Juden einen wichtigen Teil davon dar und die Bibel - auch wenn teilweise sehr extrem gehalten - ist nicht wirklich ein Buch, das man sehr antisemitisch nennen kann. Vor allem die Geschichte von Jesus Christus ist ein Beispiel dafür, daß man offenherzig sein und einander lieben soll, ganz gleich woher man stammt und an was man glaubt.
Aber das ist nicht die Botschaft des Film. Der Film ist nur eine Tour de Force und zeigt uns, wie schwer Jesus gelitten hat, Auch wenn Jesus selbst als der nette Junge dargestellt wird, der er wohl war, macht es die schiere Konzentration auf sein Leiden mehr oder weniger unmöglich, andere Aspekte der Geschichte Christi zu zeigen. Warum ist er zu dem geworden, der er war... warum taten die Leute, was sie taten... es gibt keinen Hintergrund im Film. Er beginnt mit Schmerz und endet mit Schmerz. Und aus diesem Grund ist er kein guter religiöser Film.

Von einem allgemeineren kinospezifischen Standpunkt heraus kann man hingegen sagen, daß wir es hier mit einem gewöhnlichen Heldenepos zu tun haben. Wir haben einen sympathischen Helden und wir haben die Bösen Feinde. Und der Held muß leiden, gibt aber seine Überzeugungen nicht auf. Ich weiß nicht, wie viele hier schon Braveheart (auch von Mel Gibson) gesehen haben, aber Ihr solltet die Folterszene von William Wallace mit der gesamten Passion Christi vergleichen. Im Grunde genommen sind sie identisch... der arme Held wird zu Tode gefoltert, gibt aber niemals auf. Sogar die Geräusche, die die beiden Männer von sich geben, sind sich sehr ähnlich... Ihr solltet mal darauf achten. Das Problem mit der Passion Christi ist, daß die Darstellung der Gewalt sehr bildhaft und extrem ist. Das scheint mir der nächste Schritt für Hollywood zu sein, noch brutalere Filme zu drehen - wenn man keine interessante Geschichte hat, betäubt man das Publikum mit "violence and bloodshed" (wenn mir das Manowar-Zitat gestattet sei).
Was gibt es sonst noch zu sagen? Nicht viel... auf einer Skala von 0 bis 10 würde ich der Passion Christi eine 7 geben - hauptsächlich wegen der herausragenden Leistung von James Caviezel als Jesus... der Rest des Films ist eher nur leich über dem Durchschnitt.


Nigel Powers: "There are only two things I can't stand in this world. People who are intolerant of other people's cultures... and the Dutch!"