DIE PASSION CHRISTI:
Bei all den Kontroversen um diesen Film hätte ich eines zuallerletzt erwartet: Einen sterbenslangweiligen Film. Genau das ist er jedoch leider.
Das liegt unter anderem daran, daß sich der Film bekanntermaßen auf die letzten 12 Stunden im Leben Jesus´ beschränkt. Und in diesen letzten 12 Stunden gibt es nunmal nicht allzu viel Story, sondern nur Leiden.
Zudem hält sich Gibson nicht mit auch nur den geringsten Erklärungen auf. Ein relativ bibelunkundiger Atheist wie ich wird dadurch teilweise schlichtweg überfordert, zumal die Nebencharaktere weder richtig eingeführt werden noch sonstwie eine größere Rolle oder gar eine echte Entwicklung durchlaufen. Wer war übrigens der Mann, der sich selbst erhängt hat? Judas?
Und wenn ich mich nicht irre, wurde der Name Pontius Pilatus nicht einmal erwähnt. Wer also überhaupt keine Ahnung hat von der Bibel, der steht erst so richtig im Dunkeln.
Aber das ist ja nur das geringste Problem.
Zugegeben, der Anfang ist noch ganz nett. Wunderschöne Bilder und sogar ein bißchen Handlung. Aber spätestens ab der ewig langen Auspeitschung Jesus´ (etwa in der Mitte des Films) habe ich nur noch die Minuten bis zum Ende gezählt.
Zumal nicht einmal die oft bemängelten brutalen Szenen mich berührt haben. Vielleicht in der ersten Minute, aber geschätzte 10 Minuten Auspeitschung - immer wieder mit Zeitlupen - wirken auf mich einfach nur ermüdend.
Lediglich die Kreuzigung selbst ist zugegebenermaßen in ihrer Schonungslosigkeit ziemlich beeindruckend. Aber das rettet den Film auch nicht mehr.
Wobei handwerklich gar nicht viel zu bemängeln ist. Ausstattung, Kostüme, Kamera sind ausgezeichnet, die Musik von John Debney gefiel mir ebenfalls. Die Schauspieler sind größtenteils unterfordert, Hauptdarsteller James Caviezel hat eigentlich nicht viel mehr zu tun als zu leiden, zu schreien und zu beten. Monica Belluccis Rolle der Maria Magdalena ist sogar komplett überflüssig. Lediglich Hristo Shopov als Pontius Pilatus und der Mann, der Jesus´ Kreuz trägt (war das Simon?) konnten mich überzeugen.
Bei allem Schlechten, was ich zu "Die Passion Christi" zu sagen haben, halte ich einen Vorwurf jedoch für haltlos: Den des Antisemitismus. Die Juden kommen hier keinesfalls schlechter weg als die Römer. Und auch nicht schlechter als in vielen Vietnamkriegs-Filmen die Vietnamesen. Oder in vielen Weltkriegsfilmen die Deutschen. Darüber regt sich ja auch keine Sau auf. Es nur hier zu tun, halte ich persönlich für ziemlich heuchlerisch (wer es tatsächlich überall kritisiert, mag es meinetwegen auch hier tun <img src="/ubbthreads/images/graemlins/winkwink.gif" alt="" />).

Davon abgesehen gewinnt den Vergleich der beiden großen Religionsfilme der letzten 12 Monate eindeutig "Luther" (der in den USA etwa ein Achtzigstel soviel Geld eingespielt hat wie "Die Passion Christi" ...). "Luther" ist ein lehrreicher Historienfilm mit ein wenig evangelischer Propaganda. "Die Passion Christi" ist für mich eher eine Meditationshilfe für Hardcore-Christen ...
Ich gebe 3,5 Punkte.

Die Spitze meiner diesjährigen Flop10 dürfte damit bereits feststehen.

P.S.: Sollte irgendein gläubiger Christ hier sein und sich über meine Rezension aufregen, möge er eines bedenken: Ich bin nur ein Ungläubiger und lande damit sowieso in der Hölle. Also keep calm ... <img src="/ubbthreads/images/graemlins/biggrin.gif" alt="" />
P.P.S.: Habe mir jetzt nochmal Elgis Kritik durchgelesen. Da sind wir uns ja tatsächlich mal in einigen Punkten ziemlich uneins. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/winkwink.gif" alt="" />

Last edited by Ralf; 06/04/04 04:25 PM.