MATHILDE - EINE GROSSE LIEBE:
1920: Die 20-jährige Mathilde (Audrey Tautou) kann einfach nicht glauben, daß ihr Verlobter Manech (Gaspard Ulliel) tatsächlich im 1. Weltkrieg gestorben ist, wie ihr offiziell mitgeteilt wurde. Als sture Bretonin macht sie sich auf die Suche nach Überlebenden eines bestimmten Schützengrabens, in dem Manech zuletzt gesehen worden war.
Yep, im Grunde genommen ist das die ganze Story.
Doch "Mathilde" ist viel mehr als das. Regisseur Jean-Pierre Jeunet arbeitet wieder in einem sehr ähnlichen Stil wie in seinem Meisterwerk "Die fabelhafte Welt der Amélie". Nur ein verhältnismäßig kleiner Teil der Geschichte spielt in der Gegenwart (also 1920) und befaßt sich mit Mathildes Suche nach Informationen über Manech. Jedesmal, wenn sie wieder jemanden findet, der ihr vielleicht weiterhelfen kann, greift Jeunet auf Rückblenden zurück. Dabei tritt der Kontrast zwischen den oft sogar humorvollen Szenen in der Bretagne und den Bildern des sinnlosen Gemetzels in den Schützengräben des 1. Weltkriegs besonders stark hervor - was zunächst etwas gewöhnungsbedürftig ist, dann aber tatsächlich hervorragend funktioniert.
Die besondere Stärke von Jeunet war seit jeher die überzeugende Darstellung seiner Figuren, bis hinein in die kleinsten Nebenrollen. Das war bei "Amélie" so und in "Mathilde" hat er diese Kunst noch perfektioniert. Abgesehen von Mathilde und ihren Zieheltern gibt es eigentlich nur Nebenrollen - die aber allesamt so liebevoll und detailliert beschrieben und gezeigt werden, daß man jeden einzelnen von ihnen ins Herz schließt und auch die große Anzahl der Personenn nach kurzer Zeit nicht mehr verwirrend findet. Hilfreich ist dabei natürlich auch die Qualität dieser Nebendarsteller, sowohl der international renommierten (Jodie Foster, Tcheky Karyo) als auch der eigentlich nur aus französischen Filmen bekannten (Marion Cotillard, Jean-Claude Dreyfus, André Dussollier, Ticky Holgado, Denis Lavant, Dominique Pinon).
Die zahlreichen Rückblenden und die Unzahl an interessanten Charakteren führt auch dazu, daß sich in "Mathilde" eine ganze Reihe von Genres vereinigt, ohne daß auch nur eines davon irgendwie unpassend wirkt: Liebesfilm, Kriegsdrama, Krimi, Komödie ... es ist alles dabei.
Und wenn man dann auch noch die hervorragende Kameraarbeit, die tollen Bilder aus der Bretagne, die gefühlvolle Musik von Angelo Badalamenti und selbstverständlich die bezaubernde Hauptdarstellerin Audrey Tautou in Betracht zieht, bleibt eigentlich nur ein Schluß: "Mathilde - Eine große Liebe" ist ein fast perfekter Film.
9,5 Punkte.

Warum keine 10? Aus zwei Gründen: Erstens ist der Wechsel von Szenen relativ unbeschwerten Humors mit Bildern aus dem Krieg (obwohl nicht so grausam realistisch wie in manch einem "echten" Kriegsfilm) zunächst in der Tat etwas gewöhnungsbedürftig. Und zweitens gibt es im Laufe des Films eine vermeintlich überraschende Enthüllung, die für meinen Geschmack viel zu offensichtlich ist.
Aber das sind wirklich nur marginale Kritikpunkte, die den Gesamteindruck kaum beeinträchtigen.
Insgesamt gebe ich eine uneingeschränkte Empfehlung für diesen wunderbaren Film ab!

Last edited by Ralf; 01/02/05 01:09 PM.