KÖNIGREICH DER HIMMEL:
Der junge Schmied Balian (Orlando Bloom) trauert um seine Frau sein Kind, als der Kreuzritter Godfrey von Ibelin (Liam Neeson) auftaucht und ihm offenbart, daß er sein Vater ist. Er lädt Balian ein, mit ihm nach Jerusalem zu kommen. Balian willigt ein. Doch als er nach einer schwierigen Reise endlich in Jerusalem ankommt, muß er erkennen, daß die Stadt gespalten ist: Auf der einen Seite stehen der todkranke König Balduin (Edward Norton) und der Statthalter (Jeremy Irons), die für ein friedliches Miteinander der verschiedenen Religionen sind. Auf der anderen Seite gibt es den Templer Guy de Lussignan (Marton Csokas) - der aufgrund seiner Heirat mit Balduins Schwester Sibylla (Eva Green) der designierte Thronfolger ist - und seinen Handlanger Reynald (Brendan Gleeson), der mit brutalen Überfallen die Sarazenen um ihren Anführer Saladin (Ghassan Massoud) immer wieder provoziert.
Insgesamt hat mir "Königreich der Himmel" wirklich gut gefallen.
Sir Ridley Scott ist einfach ein absoluter Meister, wenn es darum geht, eine beeindruckende Atmosphäre zu schaffen. Von der ersten Szene an hatte mich der Film bereits gefangen und daran änderte sich - trotz mancher Schwächen - bis zum Ende nichts. Die größte Schwäche ist erwartungsgemäß die zu wenig ausführliche Ausgestaltung der Charaktere mit Ausnahme von Balian. Ich hoffe sehr, daß gerade dieser Punkt im Zentrum der gut 60 Minuten des DVD-Director´s Cuts stehen wird! Denn seit Scorseses "Gangs of New York" war es für mich bei keinem Film mehr so offensichtlich, daß er eigentlich gar nicht komplett ist.
Dadurch wirkt manches wenig nachvollziehbar, manche Motivation der Handelnden bleibt im Dunklen (ich schätze, vor allem die Reise von Balian und Godfrey durch Europa wird im Director´s Cut deutlich ausführlicher gezeigt werden). Das ist schade, aber zum Glück nicht allzu schlimm.
Besonders erfreulich ist natürlich die Objektivität, mit der Scott den Konflikt zwischen Christen und Moslems zeigt. Auf beiden Seiten gibt es Vernünftige und Fanatiker und obwohl der Christ Balian Protagonist des Films ist, widersteht Scott der Versuchung, sich ihm und seinen Männern zu sehr anzubiedern. Was andererseits aber natürlich auch eine nicht ganz so tiefgehende Identifikation des Publikums mit den handelnden Figuren nach sich zieht.
Ich persönlich zähle mich ja nicht zu jenen, die Orlando Bloom nicht leiden können. Ich halte ihn vielmehr für einen guten und vielversprechenden Schauspieler, was er auch in "Königreich der Himmel" bestätigt. Nur: Er ist (noch) kein Schauspieler vom Kaliber eines Russell Crowe, der "Gladiator" eindeutig geprägt hat. Bloom gelingt das hier nicht ganz. Er spielt überzeugend, aber IMHO wäre es auch für ihn besser, wenn er noch eine Weile lang eher zweite Hauptrollen wie in "Fluch der Karibik" übernimmt.
Alle anderen Charaktere werden, wie erwähnt, leider nicht in dem Ausmaß gezeigt, wie es ihre namhaften Darsteller verdient hätten. Jedenfalls gibt es keine Fehlbesetzung, hervorheben möchte ich Marton Csokas (Celeborn im "Herr der Ringe"), der als Bösewicht eine überzeugende Figur abgibt. Und die junge Französin Eva Green (die erst vor zwei Jahren ihr Kinodebüt in Bernardo Bertoluccis "Die Träumer" gab), die zwar schauspielerisch nicht allzu sehr gefordert wird, aber von einer exotisch-geheimnisvollen Aura umgeben ist, die perfekt zu ihrer Rolle paßt.
Visuell ist Ridley Scott sowieso ein Meister seines Faches, die Schlachten sind ebenso atemberaubend inszeniert wie der ganze Rest. Harry Gregson-Williams´ Musik ist nicht überragend, aber angenehm.

Fazit: Wie gesagt: Ein wirklich guter Film, auch wenn ich die Kritiker verstehen kann, die fehlende Tiefe bemängeln. Doch das wird hoffentlich durch den Director´s Cut behoben werden - dann könnte "Königreich der Himmel" zu einem echten Klassiker werden! 8,5 Punkte.

Last edited by Ralf; 17/05/05 04:25 PM.