DAS COMEBACK:
Jedes Jahr bringt Hollywood ein groß angelegtes Feelgood-Movie über den "Amerikanischen Traum" in die Kinos. Letztes Jahr war das der eher durchschnittliche "Seabiscuit", dieses Jahr kann mich "Das Comeback" (ärgerlich banaler deutscher Titel, der Originaltitel "Cinderella Man" trifft es wesentlich besser) deutlich mehr überzeugen.
Starregisseur Ron Howard verfilmte die wahre Geschichte des irisch-stämmigen Boxer James J. Braddock (Russell Crowe), der vor der Weltwirtschaftskrise (ab 1929) als große Titelhoffnung im Schwergewicht gilt, dann jedoch durch Verletzungspech und Geldsorgen vor den Trümmern seiner Karriere steht. Seine liebevolle Frau Mae (Renée Zellweger) und die drei Kinder kann er nur mühsam als Hilfsarbeiter am Hafen ernähren, als sich ihm plötzlich die Chance für ein Comeback auftut: Ein Boxer mußte einen Kampf verletzungsbedingt kurzfristig absagen und Braddocks früherer Manager Joe (Paul Giamatti, dessen erste OSCAR-Nominierung lange überfällig ist) läßt ihn als Ersatz boxen. Braddock gewinnt und ist zurück im Geschäft ...
Natürlich ist "Das Comeback" ein Boxerfilm, aber die wahren Stärken entfaltet der Film IMHO vor allem in den Szenen, die sich mit den katastrophalen Folgen der Weltwirtschaftskrise auf große Teile der amerikanischen Gesellschaft befassen (da soll heute noch mal jemand behaupten, Deutschland stünde am wirtschaftlichen Abgrund ...). Das ist bewegend und zugleich authentisch inszeniert und erinnert teilweise sogar an den Klassiker "Die Faust im Nacken".
In der zweiten Hälfte steht dann das Boxen klar im Vordergrund, aber auch die Kampfszenen sind exzellent choreographiert und Russell Crowe muß sich als Boxer nicht hinter Sylvester Stallone als "Rocky", Hilary Swank als "Million Dollar Baby" oder Robert DeNiro als Jake LaMotta "Wie ein wilder Stier" verstecken.
Natürlich fehlt "Das Comeback" der Originalitätsbonus der genannten Vorgänger und überhaupt spart die Handlung nicht mit so manchem Klischee und einem gerüttelt Maß an Pathos.
Vor allem die aus dramaturgischen Gründen getätigte Darstellung von Braddocks Hauptgegner Max Baer (überzeugend gespielt von Craig Bierko) als extrem arrogantem Unsympathen ist ärgerlich, gerade wenn man weiß, daß der von Zeitzeugen als sympathischer, freundlicher Mensch beschrieben wurde.

Doch glücklicherweise weiß Ron Howard insgesamt genau, wie man aus einem Drehbuch das beste herausholen kann und die exzellenten Darsteller tragen das ihrige dazu bei. Neben den bereits genannten möchte ich an dieser Stelle vor allem Bruce McGill, der als Promoter Jimmy Johnston einmal mehr zeigt, daß er einer der verlässlichsten Nebendarsteller Hollywoods ist, und Paddy Considine als Braddocks Freund Mike lobend hervorheben.
Zudem hat Thomas Newman, einer meiner Lieblings-Filmkomponisten, wieder einmal einen sehr schönen Score geschaffen und auch der Kameramann schafft es mit ruhigen, ausgebleichten Bildern, einen überzeugenden 30er-Jahre-Look zu schaffen.
9 Punkte.