Leichte SPOILER-Warnung (für diejenigen, die überhaupt nichts von der Geschichte wissen und noch nicht einmal die Trailer gesehen, sogar eher eine schwere ...)!!!

KING KONG:
New York, während der Weltwirtschaftskrise um 1930: Die Theaterschauspielerin Ann Darrow (Naomi Watts) verliert ihren Job. Gleichzeitig steht der Filmregisseur Carl Denham (hervorragend in einer ungewohnten Rolle: Jack Black) vor dem Rausschmiß bei seiner Produktionsfirma, haut aber einfach ab und will ohne Genehmigung den begonnenen Abenteuerfilm zu Ende bringen. Da die Hauptdarstellerin abspringt, engagiert er kurzerhand die blonde Ms. Darrow, als er ihr auf der Straße begegnet. Für den Film fährt das Team mit einem alten Schiff zu einer geheimnisvollen Insel, auf der Denham spektakuläre Aufnahmen zu ergattern hofft - die bekommt er auch, aber anders, als er es dachte, denn auf Skull Island gibt es unfreundliche Eingeborene, noch unfreundlichere Dinosaurier und einen gigantischen, ca. 8 Meter großen Riesengorilla ...

Yep, Peter Jackson bleibt dem Kultfilm aus dem Jahre 1933 (dessen Drehbuch u.a. von Edgar Wallace geschrieben wurde) erfreulich treu, erzählt die ganze Geschichte aber viel ausführlicher und natürlich wesentlich spektakulärer (die Technik macht´s ... <img src="/ubbthreads/images/graemlins/winkwink.gif" alt="" />).
Im Wesentlichen teilt sich "King Kong" klar in drei Akte auf:
1. Filmbeginn und Überfahrt (ca. 60 Minuten)
2. Skull Island (90 Minuten)
3. New York (30 Minuten)
Vor allem zu Beginn läßt sich Jackson sehr viel Zeit. Er zeigt gleich in den ersten Einstellungen schön, wie dramatisch die Situation während der Weltwirtschaftskrise für die Menschen war (das Original wollte das den Zuschauern wohl angesichts der zeitlichen Nähe ersparen, verständlicherweise), er gönnt den vielen Charakteren eine ausführliche Einführung (alleine die erste Szene mit Carl Denham bei einer Vorführung des bislang gedrehten Materials für die Studiobosse ist einfach köstlich!) und gestattet ihnen, eine Beziehung zueinander aufzubauen. Besonders wichtig ist dabei die sich andeutende Romanze zwischen Ann und dem Drehbuchautor Jack Driscoll (OSCAR-Gewinner Adrien Brody), aber auch der von Thomas Kretschmann deutlich rauer und zwiespältiger als im Original gespielte Captain Englehorn, sein erster Offizier Hayes (Evan Parke), Denhams Assistent Preston (Colin Hanks, Sohn von Tom Hanks), Schiffsjunge Jimmy (Jamie Bell), Koch Lumpy (gewohnt genial: Andy Serkis) und der männliche Hauptdarsteller von Denhams Film, Bruce Baxter ("Allein gegen die Zukunft"-Star Kyle Chandler) bekommen alle gute Szenen.
Insgesamt eine sehr gute, ausführliche Einführung, doch hätte man die Überfahrt selbst vielleicht ein bißchen kürzer gestalten können - wer sich unter "King Kong" einen reinen Actionfilm vorgestellt hatte, könnte sich zu Beginn tatsächlich ein wenig langweilen, was wohl auch der Hauptgrund für die wenigen negativen Rezensionen sein dürfte.
Akt II wird aber gerade die Actionfans mehr als genügend entschädigen für den gemächlichen Beginn: Die 90 Minuten sind tatsächlich randvoll gefüllt mit atemberaubender, unvergeßlicher Action - vor allem die unglaubliche Brontosaurus-Stampede und Kongs dramatischer Kampf (mit Ann in einer Hand!) gegen eine ganze Tyrannosaurus-Familie lassen einen mehr als einmal vor Staunen glatt das Atmen vergessen!
Auch die Eingeborenen auf Skull Island (das ist neben der komplett anderen Darstellung des Captain Englehorn die zweite große, "direkte" Veränderung gegenüber des Originals - ich halte beide für sehr gelungen!) sind schreckenerregend und erinnern eher an Jacksons "Herr der Ringe"-Orks als an Menschen ...
Jedenfalls, nach diesen 90 Minuten ist man wahrlich froh, endlich mal wieder etwas durchschnaufen zu können - es geht zurück nach New York. Doch lange dauert es nicht, dann beginnt schon zügig das große, tragische Finale.

Peter Jacksons "King Kong" ist ein Meisterwerk, doch das Erstaunlichste überhaupt ist ihm abseits des spektakulären Effekt- und Actionfeuerwerks gelungen: Die realistische, hochemotionale Darstellung des Verhältnisses zwischen Ann Darrow und Kong. Während diese "Beziehung" im Original eigentlich nur angedeutet wird, rückt Jackson sie ins gefühlsmäßige Zentrum seines Epos´. Und wie er das tut! Ehrlich gesagt war genau diese Beziehung im Vorfeld der Punkt, dem ich am skeptischsten gegenüberstand: Wie soll man etwas, das durchaus als eine Art Liebesbeziehung zwischen einer schmächtigen Blondine und einem 8 Meter großen Menschenaffen bezeichnet werden kann, inszenieren, ohne das Geschehen ins Alberne abgleiten zu lassen?
Nun, wie genau Jackson dieses Kunststück gelingt, werde ich hier nicht verraten, nur soviel: Es ist perfekt! Durch wundervolle, "kleine" Szenen und einfache Gesten legt er völlig nachvollziehbar und glaubwürdig dar, wie und warum vor allem Kong sich so unsterblich in Ann verliebt. Und hierbei gebührt ein gewaltiger Anteil des Lobes eindeutig Andy Serkis, der nicht nur den Schiffskoch spielt, sondern auch als Vorlage für Kong dient. Bereits für seine "Darstellung" des Gollum im "Herr der Ringe" hatten einige Filmexperten seine Nominierung für den OSCAR als bester Nebendarsteller gefordert, doch spätestens für diese sensationelle Leistung als Kong müßte er eigentlich sogar den OSCAR erhalten! Ohne ihn würde dieser Film in dieser Art und Weise schlicht und ergreifend nicht funktionieren!
Doch auch Naomi Watts (die tatsächlich eine Chance auf eine OSCAR-Nominierung hat) tut ihr übriges, um das Verhältnis der beiden zueinander glaubwürdig wirken zu lassen. Wahrlich: "Beauty killed the Beast" ...

Natürlich ist "King Kong" kein perfekter Film. Wenn man nachdenkt, fallen einem einige Mängel ein: die Überfahrt hätte man, wie erwähnt, etwas kürzen können und auch der große Showdown schien mir ein klitzekleines bißchen zu lang zu sein. Auch die Proportionen passen nicht immer hundertprozentig, es gibt Logikfehler (die allerdings größtenteils auf dem Original beruhen) und die Verhaltensweise der einzelnen Charaktere ist nicht durchgehend nachvollziehbar. Außerdem habe ich das Gefühl, daß einige Dinge erst in einem späteren Director´s Cut gänzlich aufgelöst werden (wohin sind die Eingeborenen verschwunden? Wie sah Jimmys geheimnisvolle Vergangenheit aus?). Wie gesagt, kein perfekter Film. Aber definitiv perfektes Unterhaltungskino für die ganz große Leinwand!
Erwähnt werden soll auch noch, daß Jackson zahlreiche subtile Anspielungen und sogar (in Form fast unveränderter Dialoge) Verbeugungen vor dem Original wie auch vor anderen Filmen und Büchern eingeflochten hat.

Fazit: Ich liebe diesen Film! 9,5 Punkte.

Last edited by Ralf; 20/12/05 03:03 PM.