MATCH POINT:
Tja, da hat der gute Woody Allen zeitlebens Filme in seiner geliebten Heimatstadt New York gedreht und pl�tzlich, kurz vor seinem 70. Geburtstag, geht er pl�tzlich nach London (des Wetters wegen!) und nicht nur der Ortswechsel markiert einen Wendepunkt in Allens Schaffen. Bereits w�hrend des wie gewohnt in altem Stummfilm-Stil gehaltenen Vorspanns sucht der Allen-Kenner vergebens nach bekannten Namen - der Stadtneurotiker wollte offenbar endlich mal wirklich ALLES anders machen und verzichtete daher auf alte Weggef�hrten, heuerte stattdessen fast ausschlie�lich Briten an. Einzige Ausnahme in der Schauspielerriege ist die Amerikanerin Scarlett Johansson, die aber auch nur als Ersatz nach der kurzfristigen Absage von Kate Winslet nachr�ckte - und den Meister so sehr begeisterte, da� er inzwischen gleich noch einen Film mit ihr in der Hauptrolle gedreht hat (wieder in London).

Aber genug des Vorgeschwafels <img src="/ubbthreads/images/graemlins/winkwink.gif" alt="" />, kommen wir zur Handlung:
Chris Wilton (Jonathan Rhys-Meyers) war ein talentierter Profi-Tennisspieler, doch da er mit dem ganzen Drumherum der Szene nicht zurechtkam, beendete er seine Karriere kurzerhand und heuerte stattdessen als Tennislehrer in London an. In dieser T�tigkeit begegnet er gleich zu Beginn des Films dem �berheblichen, aber nicht unsympathischen Tom Hewett (perfekt besetzt mit Matthew Goode), der sich auch aufgrund einer gemeinsamen Vorliebe f�r die Oper mit ihm anfreundet und Chris in seine wohlhabende Familie und damit auch die Londoner Upper-Class einf�hrt. Der gutaussehende, charmante und wortgewandte Chris kommt gut an und als sich auch noch Toms Schwester Chloe (stark: Emily Mortimer) in ihn verliebt, wird er vom Vater (Brian Cox) freudig in die Familie und in sein florierendes Unternehmen aufgenommen.
Weniger Gl�ck hat da Toms Verlobte, die erfolglose amerikanische Schauspielerin Nola (wie immer gro�artig und mal wieder f�r den Golden Globe nominiert: Scarlett Johansson), der vor allem Toms Mutter (Penelope Wilton) sehr skeptisch gegen�bersteht.
Ganz anders Chris, der vom ersten Moment an von Nola fasziniert ist und nach seiner Hochzeit mit Chloe eine leidenschaftliche Aff�re beginnt. Doch soll er wirklich f�r Nola seine Ehe aufgeben - und damit alle Annehmlichkeiten eines wohlhabenden Mannes?

In den ersten ein bis eineinhalb Stunden ist "Match Point" ein klassisches Beziehungsdrama, wie es Allen schon des �fteren inszeniert hat - meistens am�sant, manchmal auch ernsthaft. "Match Point" geh�rt eindeutig zur ernsthaften Sorte, auch wenn ich den Kritikern, die den Film als komplett humorfrei bezeichnen, keineswegs zustimmen kann. Man mu� Allens mal mehr, mal minder subtile Andeutungen und seinen Sinn f�r absurde Situationen ebenso zu erkennen wissen wie seine Gabe, ziemlich lachhafte Situationen scheinbar bierernst zu zeigen (man achte nur auf Chris� immer neue und erschreckend schwache Ausreden, wenn ihn die beiden Frauen in seinem Leben zur Rede stellen wollen!) - dann gibt es immer noch sehr viel, wor�ber man schmunzeln und gelegentlich sogar aufrichtig lachen kann.
In der letzten halben Stunde schwenkt Allen dann endg�ltig um und aus dem Beziehungsdrama wird ein ziemlich perfide ausgekl�gelter Thriller, der mitunter gar nicht so wenig an den "Master of Suspense" Alfred Hitchcock erinnert.

Mit "Match Point" ist Allen sicherlich einer seiner ernsthaftesten und k�nstlerisch wertvollsten Filme gelungen - vor allem zeigt er hiermit auch, da� er immer noch "echtes" Kino machen kann und nicht nur typische Allen-Filme. Die exzellenten Darsteller tragen dabei ebenso zum Gelingen des Films bei wie Allens Drehbuch - dennoch kann ich die Lobeshymnen der Kritiker nur teilweise nachvollziehen. Denn was f�r Allen ein wirklich bemerkenswerter Film ist, bleibt generell betrachtet in meinen Augen einfach nur ein guter Mix aus Beziehungsdrama und Thriller mit erfreulich intelligenten Dialogen. Nicht mehr und nicht weniger. 8 Punkte.

Last edited by Ralf; 30/12/05 04:46 PM.