Nach langer Zeit gibt es heute mal wieder einen Rezensions-Doppelpack:

SAW II:
Auch in der Fortsetzung des Horror-Überraschungshits 2005 treibt der finstere Jigsaw-Killer (Tobin Bell) wieder sein Unwesen und terrorisiert mit perversen Spielchen sowohl seine Opfer als auch die Polizei.
Dummerweise funktioniert dieser Aufguß bei weitem nicht so gut wie das Original.
Zwar sind die Darsteller (u.a. Donnie Wahlberg, Emmanuelle Vaugier sowie Dina Meyer und Shawnee Smith, die bereits im ersten Teil mit von der Partie waren) ordentlich, aber leider spielen sie fast ausnahmslos Charaktere, die unsympathisch, uninteressant und im großen und ganzen schlicht dämlich sind. Nicht gerade die besten Voraussetzungen für einen Horrorfilm, der sein Publikum mit zahlreichen brutalen Morden an diesen Charakteren schockieren will ...
Zugegeben: "Saw II" ist nicht weniger brutal als sein Vorgänger und die Todesarten sind wiederum ziemlich kreativ. Dafür ist die sehr dünne Handlung teilweise viel zu vorhersehbar (auch wenn man das vom mitunter reichlich seltsamen Verhalten der Menschen nicht unbedingt behaupten kann). Immerhin gelingt auch diesmal ein recht gelungenes, perfides und überraschendes Finale, das auch gleich die bereits in Vorbereitung befindliche zweite Fortsetzung einleitet. Doch selbst dieses Finale wirkte auf mich eher unglaubwürdig.
Insgesamt ist "Saw II" somit nicht viel mehr als ein zwar brutaler, aber letztlich doch ziemlich konservativer Slasher, der nur ganz selten die Qualitäten des ersten Teils (der zudem vom Bonus des Neuen lebte) erreicht.
6,5 Punkte.

CASANOVA:
Eines muß man den Briten lassen: Keiner macht so gute romantische Komödien wie sie! Während sich Hollywood meist auf zwei zugkräftige Hauptdarsteller und vielleicht noch ein oder zwei skurrile Nebencharaktere verläßt, schaffen die Briten nicht erst seit "Vier Hochzeiten und ein Todesfall" immer wieder romantische Komödien, die gleich mit einem ganzen Ensemble hochkarätiger Schauspieler in denkwürdigen Rollen aufwartet.
Problem: "Casanova" ist ein amerikanischer Film! Aber das merkt man ihm nicht unbedingt an, was auch daran liegen dürfte, daß der Regisseur (Lasse Hallström) Schwede ist und die Darsteller nicht nur aus den USA, sondern auch aus Großbritannien, Kanada, Australien und Schweden kommen.
Aber genug der Vorrede.
Die Figur des Schriftstellers, Spions und Frauenhelden Giacomo Casanova ist weltberühmt - der Film "Casanova" hat außer dem Namen und dem Ruf als Frauenheld allerdings nur sehr, sehr wenig damit zu tun.
Casanova (OSCAR-Nominee Heath Ledger) hat mit seinen unzähligen Frauengeschichten in Venedig selbst die Inquisition gegen sich aufgebracht und auch der mit ihm befreundete Doge von Venedig kann ihn nicht länger schützen, wenn er nicht endlich ein gutbürgerliches Leben samt passender Ehefrau anfängt.
Widerwillig folgt Casanova der "Empfehlung" - und verliebt sich zu seiner eigenen Überraschung tatsächlich! Dummerweise will das Objekt seiner Begierde, die feministische Schriftstellerin Francesca Bruni (Sienna Miller) nicht das geringste vom berühmten Frauenheld wissen, obwohl sie ihn gar nicht persönlich kennt. Außerdem ist sie bereits mit einem reichen Schmalz-Händler verlobt, den sie noch nie gesehen hat.
Casanova greift also tief in seine Trickkiste und beginnt ein riskantes Spiel mit den Identitäten ...
Lasse Hallströms "Casanova" ist alles andere als originell. Es entspinnt sich bald ein typisches Verwechslungsspielchen und jeder weiß, wie das ganze weitergehen wird. Da muß ich auch keine Spoilerwarnung geben, wenn ich erzähle, daß Casanovas Spiel irgendwann auffliegt, am Ende aber natürlich trotzdem alles gut wird.
Aber auf die Handlung kommt es Hallström auch gar nicht an. Er legt eindeutig mehr wert auf die Komödie als auf die Romanze und das gelingt ihm wirklich gut. Obwohl die Gagdichte nicht übermäßig hoch ist (und zudem einige Witze recht subtil sind), habe ich an einigen Stellen so herzlich gelacht wie schon lange nicht mehr im Kino.

Und das liegt hauptsächlich am tollen Schauspiel-Ensemble! Die Hauptdarsteller Ledger und Miller haben eine gute Leinwandchemie und "Black Adder"-Veteran Tim McInnerny als überkandidelter, aber gutherziger Doge ist ein wahres Vergnügen. Oliver Platt als naiver Schmalzhändler beweist Mut zur Häßlichkeit und Selbstironie und einige sonst eher auf ernste Rollen abonnierte Darsteller spielen mit sichtlichem Vergnügen ihre ungewohnten Rollen: Neben Lena Olin als Francescas Mutter müssen hier vor allem die beiten Briten Jeremy Irons und Ken Stott (der leider viel zu wenig zu sehen ist) in ihren köstlichen Rollen als Inquisitoren auf der Jagd nach Casanova genannt werden - einfach zum Brüllen komisch! <img src="/ubbthreads/images/graemlins/up.gif" alt="" />
Und sogar eine echte Neuentdeckung gibt es im Film: Der junge Brite Charlie Cox überzeugt voll und ganz als Francescas schusseliger jüngerer Bruder Giovanni, der am Ende sogar noch eine überraschend tragende Rolle einnimmt ...

Fazit: "Casanova" ist genau der richtige Film für Freunde romantischer Komödien. Obwohl ein amerikanischer Film, vereint er doch die Tugenden seiner britischen Vorbilder und punktet trotz einer eher gemächlichen Erzählweise mit Witz und tollen Schauspielern. 8 Punkte.

Last edited by Ralf; 10/02/06 01:27 PM.