FLUG 93:
Bevor im Herbst Oliver Stones "World Trade Center" in die Kinos kommt, hat sich der Brite Paul Greengrass als erster an einen Kinofilm �ber die Anschl�ge des 11. September 2001 gewagt. International bekannt wurde Greengrass als Regisseur des preisgekr�nten semi-dokumentarischen Films "Bloody Sunday", der sich mit dem Irland-Konflikt besch�ftigte. In gewisser Weise kennt er sich also mit der Materie aus und es war eine sehr, sehr gute Wahl war, ihn den ersten 9/11-Kinofilm drehen zu lassen!
Auch "Flug 93" wirkt weitgehend eher wie eine Dokumentation, passenderweise lie� Greengrass seinen Kameramann auch vornehmlich mit der Handkamera arbeiten.
Wie der Titel bereits sagt, steht prim�r jener "Flug 93" im Zentrum des Films, der sein Ziel als einziger nicht erreichte, weil das Flugzeug von seinen Passagieren vorzeitig zum Absturz gebracht wurde (so zumindest die offizielle Version, die auch diesem Film zugrundeliegt). Doch richtigerweise zeigt Greengrass nicht nur die Geschehnisse auf diesem Flug. Vor allem in der ersten Stunde seines gut 100-min�tigen Films zeigt er die Geschehnisse auch aus der Perspektive der Fluglotsenzentrale und des Milit�rs.
Greengrass l��t sich Zeit. Zu Beginn zeigt er das ganz normale Geschehen sowohl bei den Fluglotsen als auch den Passagieren und der Flugzeug-Crew. Menschen unterhalten sich �ber ihre Kinder, schmieden Zukunftspl�ne oder freuen sich auf ihren Urlaub im Yosemite-Nationalpark, die Stewardessen und die Piloten bereiten alles f�r den Flug vor. Alles ganz normale Szenen, wie sie jeder kennt, der schon einmal auf einem Flugplatz war.
Auch bei den Fluglotsen sieht es normal aus. Hektisch, nat�rlich, aber man hat alles im Griff.
Dann verliert man den Kontakt mit einem ersten Flugzeug und die Trag�die nimmt ihren Lauf ...

Greengrass hat gl�cklicherweise gar nicht erst versucht, das Ungl�ck irgendwie nachzustellen oder per Computer spektakul�r aufzubereiten. Wozu auch? Nichts k�nnte schrecklicher sein als jene n�chternen CNN-Bilder, die wohl jeder von uns f�r immer im Ged�chtnis haben wird. Auch die Fluglotsen, die ansonsten nur Ziffernkombinationen auf ihren Radarschirmen sehen, erfahren erst durch das Fernsehen, was mit den von ihnen "verlorenen" Flugzeugen geschieht.
Die immer st�rker aufkommende Panik, die vollkommene Hilf- und Ratlosigkeit auch bei den zu Hilfe gerufenen Milit�rs werden von Greengrass minimalistisch, aber �u�erst �berzeugend r�bergebracht - auch dank der ausnahmslos sehr guten Darsteller.
Die sowieso einen Gro�teil zum Gelingen dieses au�ergew�hnlichen Films beitragen. Weil sie authentisch sind. Paul Greengrass hat komplett auf Stars oder auch nur bekannte Namen verzichtet (abgesehen von David "Sledge Hammer" Rasche). Erneut: Richtig so! Stars h�tten hier nur gest�rt. Hier sind es ganz normale Menschen. Und die m�ssen vermutlich nicht mal gro� schauspielern. Es reicht, wenn sie sich ihre eigenen Empfindungen von damals in Erinnerung rufen.
Und viele sind �berhaupt keine Schauspieler. Denn ein Teil der Lotsen und der Milit�rs "spielt" einfach nur sich selbst!

Um eine m�glichst gro�e Authentizit�t zu erreichen, hat das Produktionsteam mit den Angeh�rigen der Passagiere von Flug 93 eng zusammengearbeitet. So gelang es auch, die Geschehnisse an Bord und vor allem die ergreifenden Telefonate kurz vor dem Absturz so weit wie m�glich so nachzustellen, wie sie tats�chlich waren. Nicht, da� es f�r den Film an sich einen gro�en Unterschied gemacht h�tte, wenn sie sich irgendein Drehbuchautor ausgedacht h�tte.
Aber es zeigt, wie behutsam, wie aufrichtig Paul Greengrass an das Thema herangegangen ist. Er wollte keinen Thriller drehen, keine Verschw�rungstheorien spinnen und auch nicht Heldenmut und Pathos propagieren. Er zeigt einfach nur m�glichst genau, wie es gewesen sein mu�. Wie eine gute Dokumentation eben.
Und das �bertr�gt sich auf den Zuschauer. Gerade weil alles so normal ist - vor allem die Menschen! -, nimmt es einen emotional sehr stark mit.
Um ehrlich zu sein: Ich glaube, diese filmische Aufbereitung der Anschl�ge hat mich tats�chlich tiefer ber�hrt als es damals die Realit�t vermochte.
Es ist halt doch ein gewaltiger Unterschied, ob man zuhause vor dem Fernseher sitzt und fassungslos CNN verfolgt oder ob man sich in einem abgedunkelten Kinosaal befindet und das Gef�hl vermittelt bekommt, selbst von Anfang bis Ende dabei gewesen zu sein - als machtloser Fluglotse oder als todgeweihter Passagier.

"Flug 93" ist ein aufrichtiges Zeitdokument, ein emotional aufw�hlendes, ehrliches Drama, das keinen Zuschauer unger�hrt lassen d�rfte - sofern er oder sie sich �berhaupt �berwinden kann, das Ganze noch einmal durchzumachen. In den USA gelang das nicht allzu vielen Menschen, der Film war zwar kein kommerzieller Flop, lief aber doch nur sehr verhalten - trotz einhellig positiver Pressereaktionen.
Von mir gibt es 10 Punkte f�r den vielleicht emotionalsten Film, den ich je gesehen habe.