DAS MÄDCHEN AUS DEM WASSER:

Was für eine Woche der Kino-Extreme für mich: Zuerst der von Anfang bis Ende schamlos übertriebene "Wie sehr liebst Du mich?", nun "Das Mädchen aus dem Wasser", ein Film, der so ziemlich die naivste Geschichte erzählt, die man sich vorstellen kann.

Konkret: In einer Wohnsiedlung findet der melancholische Hausmeister Cleveland (gut wie immer: Paul Giamatti) eine nackte junge Frau namens Story (zauberhaft: Bryce Dallas Howard) im Swimming Pool. Ein seltsames Monster ist hinter ihr her und so Cleveland dem Mädchen, das sich selbst als eine "Narf" bezeichnet. Erstaunt stellt der Hausmeister fest, daß er sich in ihrer Gegenwart irgendwie inspiriert fühlt und als er eine koreanisch-stämmige Studentin (lustig: Cindy Cheung) fragt, ob sie etwas mit dem Begriff "Narf" anfangen könne, erfährt er von deren Mutter eine seltsame Gute-Nacht-Geschichte über Wesen aus dem Meer und ihre monströsen Feinde, die Scrunts.
Es stellt sich heraus, daß jeder Bewohner der Wohnsiedlung genauso im Herzen berührt und inspiriert wird, wenn er Story begegnet und so tun sich alle zusammen, um das Mädchen vor dem bösen Scrunt zu retten und zurück in ihre Heimat zu schicken.

Regisseur M. Night Shyamalan ("The Sixth Sense", "Unbreakable") ist bekannt für märchenhafte Mystery-Geschichten. Hier setzt er dem ganzen aber die Krone auf. "Das Mädchen aus dem Wasser" verlangt dem Publikum einiges ab: Nur, wer willens und fähig ist, für 100 Minuten jeglichen Zynismus, jede Skepsis und selbst jede Realitätsnähe komplett auszublenden, dürfte mit dieser Gute-Nacht-Geschichte glücklich werden.
Es fällt leicht, die ganze Handlung einfach als lächerlich und albern abzutun und über die unglaubwürdigen Wendungen und Handlungsweisen zu lästern. Aber wenn man sich der Geschichte völlig hingibt und aufhört, ständig über Logik und ähnliches nachzudenken, dann kann man "Das Mädchen aus dem Wasser" wirklich genießen, denn auch hier spielt Shyamalan seine gewohnten Stärken aus: Eine liebevolle Charakterzeichnung, eine phantasievolle Bildersprache und jede Menge Mysterien.

Sämtliche Rollen sind zwar nicht mit großen Namen (selbst Giamatti ist ja nicht wirklich ein klassischer Star), aber dafür sehr passend mit guten Schauspielern wie Jeffrey Wright, Freddy Rodriguez, Mary Beth Hurt oder Bill Irwin gecastet. Auch Shyamalan selbst hat wieder einmal eine größere Rolle übernommen.
Interessant ist dabei, daß bis auf eine einzige Ausnahme sämtliche Charaktere herzensgut und meist auch ziemlich skurril sind. Passend zu dem, was ich weiter oben geschrieben habe: Eine solche Ansammlung hilfsbereiter Menschen (selbst wenn sie von Story "inspiriert" wurden) ist ebenso unrealistisch wie die Tatsache, daß niemand je irgendwelche ernsthaften Zweifel an der Existenz von Narfs und Scrunts zu haben scheint. So gesehen leben die Filmfiguren dem Publikum vor, was es tun muß: Einfach glauben, nicht zweifeln. "Das Mädchen aus dem Wasser" ist eben ein Märchen, da ist kein Platz für Zweifel!

Vor allem bei den US-Kritikern kam der Film überhaupt nicht gut an, wie bereits sein vorheriger "The Village". Shyamalan scheint das geahnt zu haben, denn die eine Ausnahme unter den ganzen *guten* Menschen im Film ist amüsanterweise der arrogante Filmkritiker Mr. Farber (sehr gut gespielt von Bob Balaban). <img src="/ubbthreads/images/graemlins/biggrin.gif" alt="" />
Dieser Kniff dürfte die Anzahl der guten Kritiken für "Das Mädchen aus dem Wasser" auch nicht gerade erhöht haben, wenngleich festgehalten werden muß, daß auch dieser Mr. Farber kein schlechter Mensch ist - außerdem hat Shyamalan ihm einige wirklich köstliche Szenen gegönnt. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smile.gif" alt="" />

Fazit: "Das Mädchen aus dem Wasser" ist das, als was der Regisseur ihn selbst bezeichnet hat: Eine Gute-Nacht-Geschichte, ein Märchen für Erwachsene. Ein Film für Romantiker und für Menschen, die bereit sind, sich einfach fallenzulassen und der wunderschönen utopischen Welt des M. Night Shyamalan anzuvertrauen.
Obwohl ich selbst gelegentlich zum Zynismus neige, zähle ich mich zu diesen Menschen und gebe dem Film daher 8 Punkte. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smile.gif" alt="" />

Last edited by Ralf; 07/09/06 12:33 PM.