Wird höchste Zeit, daß ich mal wieder einen Kinofilm rezensiere ... <img src="/ubbthreads/images/graemlins/winkwink.gif" alt="" />

BLACK DAHLIA:

In den USA ist der bis heute ungelöste Mordfall an der angehenden Schauspielerin Elizabeth Short in Hollywood eine Legende. Erst recht, seitdem Kultautor James Ellroy ein fiktives Buch über die Geschichte geschrieben hat. Jetzt hat Regie-Altmeister Brian DePalma ("Scarface", "Die Unbestechlichen") einen klassischen Film noir daraus gemacht:

Zwei Polizisten, der deutschstämmige "Bucky" Bleichert (Josh Hartnett) und der rauhbeinige "Lee" Blanchard (Aaron Eckhart) sind die Stars der Polizei in Los Angeles. Ihre Karrieren bewegen sich steil bergauf, bis eine Serie von Vorkommnissen einen Wendepunkt einleitet. Zum einen wird ein gefährlicher Gangster aus dem Gefängnis entlassen, den Blanchard einst verhaftet hatte und mit dessen damaliger Freundin Kay (Scarlett Johansson) er seitdem zusammenlebt. Kay und Blanchard haben Angst, daß er sich rächen will.
Außerdem wird eine grausam verstümmelte Frauenleiche aufgefunden und da der Fall dieser "Schwarzen Dahlie" (der Name entstammt übrigens der Phantasie eines damaligen Zeitungs-Journalisten ...) für öffentliches Aufsehen sorgt, werden Blanchard und Bleichert auf den Fall angesetzt - ohne zunächst irgendwelche Fortschritte zu machen. Doch dann findet Bleichert heraus, daß die schöne Tochter (gespielt von der zweifachen OSCAR-Gewinnerin Hilary Swank) eines reichen Baulöwen irgendwie in die Sache verwickelt ist ...

Etliches an "Black Dahlia" ist großartig. Und vieles ist leider gar nicht großartig. Stilistisch macht Brian DePalma - dessen letzter großer Erfolg schon lange zurückliegt - noch immer keiner etwas vor. Er weiß, wie man einen Film noir dreht und integriert alle klassischen Zutaten des Genres in sein Werk (samt etlicher amüsanter Anspielungen, die Genrefans natürlich erfreuen <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smile.gif" alt="" />). Und Mark Ishams grandiose Musik tut dazu ihr übrigens.
Allerdings ist DePalmas Inszenierung immer wieder ein bißchen ZU perfekt. Vieles, gerade an den Schauplätzen des Films, wirkt zu hochglanzpoliert; zu glatt; zu künstlich, um vollends überzeugen zu können. Zu viel formvollendeter Stil, zu wenig Substanz.
Nach einem überzeugenden Beginn tut sich zu lange inhaltlich viel zu wenig, um das Publikum bei der Stange zu halten. Da kann der Film noch so schön gemacht sein, irgendwann wird es eben langweilig, wenn die Story sich im Kreise dreht.

Auch die Schauspieler können diese zunehmende Langatmigkeit nicht völlig kompensieren. Dabei machen sie ihre Sache gut. Vor allem Aaron Eckhart ("Thank you for smoking", "The Core") ist eine echte Überraschung, ich hätte nicht gedacht, daß er in so einer Rolle überzeugen kann. Tut er aber. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/up.gif" alt="" />
Josh Hartnett spielt gut, Scarlett Johansson ebenfalls. Aber bei beiden gibt es ein Problem: Sie sind schlicht und ergreifend viel zu jung für ihre Rollen! Da können sie noch so bemüht und gut agieren, sie sind letzten Endes fehlbesetzt. Johansson beispielsweise spielt eine Frau, die nach allem, was man im Film erfährt, 25 bis 30 Jahre alt ist. Sie selbst ist gerade 21. Und wenn man dann auch noch weiß, daß in Hollywood normalerweise selbst 30-jährige noch gerne als Teenager besetzt werden (und sich der Zuschauer somit an solche Konstellationen gewöhnt), dann kann das einfach nicht gutgehen. Ähnliches trifft auf Josh Hartnett zu, dem man mit seinen 28 Jahren auch nicht wirklich abnimmt, daß er bereits der Star des L.A.P.D. ist ...
Diesen Fehler muß also eindeutig Regisseur Brian DePalma auf seine Kappe nehmen!
Dafür sind die Nebenrollen kurioserweise überwiegend hervorragend gecastet: Mia Kirshner (bekannt aus TV-Serien wie "24" oder "The L Word") zeigt dabei sogar die wohl beste schauspielerische Leistung in ihren wenigen Szenen als "Schwarze Dahlie", die übrigen Detectives sind mit wenig bekannten, aber dafür sehr passenden Darstellern besetzt (z.B. Mike Starr, Angus MacInnes und Troy Evans) und auch "Charmed"-Hexe Rose McGowan kann in einer Szene als arrogante Möchtegern-Schauspielerin überzeugen.

Das eigentlich deprimierende an diesem wunderschönen, aber zu substanzlosen Film ist, daß DePalma einige wirklich phantastische Szenen mit großartigen Kamerafahrten geschaffen hat, die beweisen, daß er es eigentlich immer noch draufhat. Nur leider gehen diese wenigen Highlights in einem Meer aus Mittelmäßigkeit hoffnungslos unter.

Unterm Strich: Ein gutgemeinter, formal hervorragender Film mit unglücklichem Casting in zwei der drei Hauptrollen, fehlender Stringenz im Mittelteil und einer nicht wirklich überzeugenden Handlung. 6 Punkte.

Last edited by Ralf; 09/10/06 04:34 PM.