DEPARTED - UNTER FEINDEN:

Billy Costigan und Colin Sullivan sind beides junge M�nner, die gerade die Polizeischule in Boston absolviert haben. W�hrend Colin (Matt Damon) schnell die Karriereleiter emporklettert, wird Billy (Leonardo DiCaprio) nach einer konstruierten Haftstrafe und Entlassung aus dem Polizeidienst als Undercover-Cop eingesetzt, der das Vertrauen des irisch-st�mmigen Gangsterbosses Frank Costello (Jack Nicholson) gewinnen soll. Lediglich zwei Vorgesetzte von Billy, Captain Queenan (Martin Sheen) und Lieutenant Dignam (Mark Wahlberg) wissen von Billys T�tigkeit.
Was jedoch niemand bei der Polizei wei�: Auch Colin ist undercover t�tig - denn er ein Z�gling von Costello und wurde von diesem als Spitzel bei den Cops eingeschleust, um sie ihm vom Hals zu halten.
Bald finden beide Seiten heraus, da� die jeweilige Gegenseite einen Spitzel einsetzt und somit entwickelt sich eine Art Wettkampf, wer zuerst den "gegnerischen" Spitzel enttarnen kann ...
�brigens, keine Sorge: Das alles erf�hrt das Publikum bereits innerhalb der ersten Filmminuten, meine Kritik ist also weitgehend spoilerfrei. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smile.gif" alt="" />

Aber Kenner asiatischer Filmkunst werden die Handlung sowieso kennen, da es sich bei Martin Scorseses Action-Thriller um ein Remake des grandiosen Hongkong-Polizeithrillers "Infernal Affairs" handelt. Kurioserweise ist "Departed" rund 50 Minuten l�nger als sein filmisches Vorbild und das liegt vor allem in den ersten etwa 90 Minuten begr�ndet, in denen Scorsese eigentlich nur die Ausgangssituation aus "Infernal Affairs" �bernimmt und daraus eine ganz eigene Stimmung entwickelt, die an sein fr�hes Meisterwerk "Mean Streets" erinnert. Gegen Ende werden die Parallelen zum Original aber immer deutlicher.
Es entbehrt �brigens nicht einer gewissen Ironie, da� "Departed" einen ganz erheblich h�heren Bodycount vorzuweisen hat als das in dieser Hinsicht ziemlich zur�ckhaltende Original, obwohl doch normalerweise gerade asiatische Action-Filme f�r ihre ungez�gelten Gewaltorgien bekannt sind ...
Doch es wird nicht nur nach Herzenslust geschossen und gepr�gelt, sondern auch so ungehobelt geflucht, da� selbst Joe Pesci (der in fr�heren Scorsese-Filmen oft als Choleriker vom Dienst eingesetzt wurde) vermutlich die Ohren klingeln w�rden. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/biggrin.gif" alt="" />
In anderen Worten: Scorsese besinnt sich auf seine Anf�nge aus den 70er Jahren, als er mit Filmen wie "Taxi Driver" oder eben "Mean Streets" (ich glaube, auf deutsch hei�t der Film "Hexenkessel") zu den Begr�ndern des "New Hollywood" z�hlte, welches das Publikum mit vorher kaum gekannter Realit�tsn�he und ungesch�nter Darstellung von Gewalt zugleich schockierte wie auch faszinierte.
Dazu pa�t nat�rlich wie die Faust aufs Auge, da� Jack Nicholson als gewaltt�tiger Gangster-Bo� mit schlecht sitzender Frisur sich wieder einmal den Teufel aus dem Leib spielen darf und dabei mit einem brillanten Leo DiCaprio auch noch einen w�rdigen Gegenspieler gefunden hat!

Dennoch gibt es ein Problem mit diesem klassischen Scorsese-Stil: Er ist in dieser Geschichte - wie das asiatische Original eindeutig beweist - gar nicht n�tig und wirkt folgerichtig auch das ein oder andere Mal eher aufgesetzt als wirklich in die Handlung integriert. Wo "Infernal Affairs" zuf�rderst auf Eleganz setzt, verwendet "Departed" mit sichtlicher Freude den Holzhammer ...

Ein weiteres Problem ist, da� Scorsese die meiner Ansicht nach genau richtig dosierte Komplexit�t des Originals noch ein St�ck nach oben schrauben wollte, was sich speziell in zwei zus�tzlichen Figuren manifestiert: Der Polizeipsychologin Madolyn (Vera Farmiga in der einzigen nennenswerten Frauenrolle des gesamten Films, was eigentlich auch schon alles ist, was zu ihrer Figur zu sagen ist), die sowohl Billy als auch Colin therapiert und sich zu beiden hingezogen f�hlt (und umgekehrt) sowie dem ungehobelten Lieutenant Dignam. Der wird von einem erstaunlich guten Mark Wahlberg zwar grandios verk�rpert (er gilt v�llig zurecht als chancenreicher Kandidat f�r eine OSCAR-Nominierung als Bester Nebendarsteller), ist aber eigentlich �berfl�ssig. Erst am Ende wird ersichtlich, warum Scorsese die Figur �berhaupt eingef�hrt hat und: Nein, ich mag dieses Ende nicht!
Vielleicht w�rde es mir ja gefallen, w�rde ich "Infernal Affairs" nicht kennen. Ich wei� es nicht. Aber so kann ich nur feststellen, da� ich das �berragende Ende von "Infernal Affairs" weitaus besser finde. Aber auch hier will "Departed" am Ende noch eines draufsetzen. Schade.

Ein beinahe uneingeschr�nktes Lob verdient dagegen die Darstellerriege, die Scorsese engagiert hat und die in dieser Breite sicherlich ihresgleichen sucht: Nicholson, DiCaprio, Wahlberg, Sheen, dazu Alec Baldwin, Ray Winstone, Anthony Anderson, Mark Rolston (aus "Aliens - Die R�ckkehr" und "Profiler"), James Badge Dale (aus "24"). Eigentlich ein perfekter Cast. Nur einer konnte mich leider nicht ganz �berzeugen, obwohl ich ihn sonst als Schauspieler sehr sch�tze: Matt Damon. Er spielt gut, ist aber meines Erachtens schlicht und ergreifend eine Fehlbesetzung f�r die Rolle. Da h�tte ich mir beispielsweise Brad Pitt - der als Co-Produzent fungierte - besser vorstellen k�nnen.
Technisch gibt es nichts zu bem�ngeln. Kameramann Michael Ballhaus hat einmal mehr hervorragende Bilder erschaffen, die Musik von "Herr der Ringe"-Komponist Howard Shore ist passend und die Choreographien der Schie�ereien und sonstigen K�mpfe sind tadellos und erreichen beinahe das Niveau eines Michael Mann.

Fazit: "Departed - Unter Feinden" ist ein guter, aber brutaler Action-Thriller mit herausragender Besetzung, der aber gerade im Vergleich zum Original "Infernal Affairs" zu viel will. Ich nehme an, da� Kinog�nger, die das Original nicht kennen, wesentlich beeindruckter sein werden, da die Story wirklich bemerkenswert ist - was auch dadurch best�tigt wird, da� jeder, den ich kenne und der "Departed" ohne vorherige Kenntnis von "Infernal Affairs" gesehen hat, absolut begeistert davon war (bis auf einen, dem das Ende zu �bertrieben war). Ebenso wie die allermeisten Kritiker �brigens.
Von mir gibt es dagegen "nur" gute 8 Punkte.
("Infernal Affairs" erhielt �brigens 10)

Last edited by Ralf; 13/12/06 03:31 PM.