APOCALYPTO:

Lateinamerika, frühes 16. Jahrhundert: Der junge Jäger "Pranke des Jaguar" lebt mit seiner Familie zufrieden in einem kleinen Dorf mitten im Urwald. Doch eines Tages werden sie von Maya-Kriegern überfallen, die viele töten und noch mehr versklaven - als künftige Menschenopfer (lustigerweise erinnerte mich dieser Überfall übrigens stark an den ähnlichen Auftakt von "Conan, der Barbar" <img src="/ubbthreads/images/graemlins/biggrin.gif" alt="" />)! Pranke des Jaguar schafft es gerade noch, ein Versteck für seine schwangere Frau und seinen Sohn zu finden, dann wird auch er gefangengenommen.
Sehr viel mehr kann ich wieder mal nicht erzählen, ohne zuviel über den Fortgang der Handlung zu verraten.

Mel Gibson hat in diesem Sommer bekanntlich für sehr negative Schlagzeilen gesorgt, als er besoffen Auto fuhr und bei seiner Festnahme auch noch antisemitische Kommentare von sich gab. Keine gute PR für einen neuen Film. Schon gar nicht, wenn es sich dabei um einen so ungewöhnlichen handelt wie eben seine neueste Regiearbeit "Apocalypto": Ein Film über den Untergang der Maya-Kultur, gedreht mit Laiendarstellern und Dialogen in einem alten Maya-Dialekt (netterweise untertitelt <img src="/ubbthreads/images/graemlins/winkwink.gif" alt="" />) ...
Doch allen schlechten Vorzeichen zum Trotz (inklusive etlicher Boykottaufrufe und einer IMHO albernen Haßkampagne im Internet): "Apocalypto" eroberte in den USA auf Anhieb die Nummer 1 der Kino-Charts! Und dafür gibt es einen Grund - der Film ist wirklich gut, was auch die Kritiker erkannt haben!

Die Handlung ist an sich eher schlicht: Es wird (sehr gelungen, mitunter sogar überraschend amüsant) das primitive Leben der Eingeborenen gezeigt, ihre Versklavung und später Flucht und Verfolgung. Um das zu verstehen, hätte man die Dialoge nicht mal unbedingt untertiteln müssen. Nein, die Stärken des Films liegen woanders. Beispielsweise bei den traumhaften Bildern von "Der mit dem Wolf tanzt"-Kameramann Dean Semler. Bei der ausgesprochen athmosphärischen Musik von "Braveheart"-Komponist James Horner. Beim authentischen Schauspiel der engagierten Laiendarsteller (allen voran Hauptdarsteller Rudy Youngblood sowie Jonathan Brewer). Bei den rasant geschnittenen und dabei alles andere als zimperlichen Action-Szenen. Und auch bei den nicht gerade sehr subtilen, aber umso treffenderen Anspielungen auf die heutige Gesellschaft.

Denn Mel Gibson präsentiert die Maya kurz vor ihrem Untergang als ein dekadentes Volk, das seinen eigenen Untergang herbeiführt und als einziges Gegenmittel Menschenopfer en masse kennt, um die Götter zu besänftigen.
Wie es zu Beginn in einem eingeblendeten Zitat eines amerikanischen Philosophen (sinngemäß) heißt: "Jede große Nation kann nur erobert werden, wenn sie sich bereits selbst von innen heraus zerstört hat." Die Spanier waren demnach eigentlich nur noch das i-Tüpfelchen ...

Ich muß zugeben, daß ich mich mit Mayas, Azteken und Co. nicht wirklich gut auskenne, insofern kann ich auch nicht sagen, wie historisch akkurat Gibsons Film ist. Aber das ist eigentlich auch egal, was die Qualität des Films betrifft ebenso wie die gesellschaftskritische Aussage, die Gibson mit seinem Werk tätigt. Der Film funktioniert einfach, auch wenn er nicht frei von Schwächen ist.
So kommen für meinen Geschmack gerade die Szenen in der großen Maya-Stadt zu kurz, während die Wanderungen durch den Dschungel manchmal ein wenig kürzer hätten ausfallen dürfen.

Aber insgesamt hat Mel Gibson mit "Apocalypto" ein packendes, brutales und phasenweise brillantes Abenteuer-Epos mit gelegentlichen Längen und ein paar etwas unglaubwürdigen Szenen geschaffen. 8,5 Punkte.

Last edited by Ralf; 20/12/06 03:30 PM.