Eigentlich wollte ich mir heute noch "Babel" anschauen, aber aufgrund einer mittelschweren Erkältung muß ich das leider verschieben. Somit kann ich aber bereits heute meine alljährliche Kino-Jahresbilanz ziehen. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smile.gif" alt="" />
Die Regeln haben sich nicht geändert: Es zählt nicht - wie bei "offiziellen" Bestenlisten - das Startdatum der Filme, sondern schlicht und ergreifend, wann ICH den Film im Kino gesehen habe. Daher ist z.B. auch "Narnia" vertreten.
Außerdem sind die Listen wie immer rein subjektiv und müssen daher auch nicht zwangsläufig mit der Reihenfolge meiner Punktwertungen übereinstimmen (bei denen ich stets eine gesunde Mischung aus Objektivität und Subjektivität zu finden versuche). Here we go:

Die Top15 2006:
1. "Flug 93" - eindeutige Sache, der mit Abstand bewegendste Film des Jahres, der zudem das vorher nicht für möglich gehaltene Kunststück geschaffen hat, den Opfern des 11. September vollauf gerecht zu werden - anstatt sie für kommerzielle Zwecke zu mißbrauchen. Chapot, Regisseur Paul Greengrass! <img src="/ubbthreads/images/graemlins/up.gif" alt="" /> <img src="/ubbthreads/images/graemlins/up.gif" alt="" /> <img src="/ubbthreads/images/graemlins/up.gif" alt="" />
2. "V wie Vendetta" - die vielleicht beste Comic-Verfilmung aller Zeiten besticht mit einer intelligenten Handlung um eine faschistoide Gesellschaft in der nahen Zukunft, herausragenden Darstellern und einer beeindruckenden Optik. Top! <img src="/ubbthreads/images/graemlins/up.gif" alt="" /> <img src="/ubbthreads/images/graemlins/up.gif" alt="" />
3. "Children of Men" - gleiche Thematik wie "V wie Vendetta", objektiv betrachtet sogar noch besser umgesetzt. Doch "Vendetta" ist wesentlich mitreißender, daher bleibt für den bewußt nüchtern inszenierten "Children of Men" "nur" Platz 3. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/up.gif" alt="" />
4. "Brick" - geniale Highschool-Film-noir-Version des Regiedebütanten Rian Johnson.
5. "Syriana" - faszinierender, hochkomplexer Episodenfilm über die Machenschaften der Ölindustrie und das Entstehen von Terrorismus.
6. "Casino Royale" - der beste Bond seit langem.
7. "Das Leben der Anderen" - der Stasi-Thriller von Regiedebütant Florian Henckel von Donnersmarck sorgt zurecht selbst in Hollywood für Furore.
8. "Walk the Line" - mitreißender Johnny-Cash-Biofilm mit den bekannten Genre-Schwächen.
9. "Wie sehr liebst du mich?" - hinreißend überdrehte und extrem surreale Tragi-Komödie mit Monica Bellucci in einer Glanzrolle.
10. "Apocalypto" - Mel Gibsons Abenteuer-Epos läßt eine lange vergangene Welt brutal, aber überzeugend (wenn auch nicht in jeder Hinsicht historisch genau) wiederauferstehen.
11. "Das Schloß im Himmel" - das erst in diesem Jahr in Deutschland veröffentlichte Frühwerk des japanischen Animations-Gurus Hayao Miyazaki beweist einmal mehr, warum der Mann in Japan so erfolgreich und beliebt ist wie in Hollywood nur Steven Spielberg ...
12. "München" - apropos Spielberg: sein historisch ausgewogener Rache-Thriller ist seine beste Arbeit der letzten Jahre.
13. "Inside Man" - Spike Lees erster Mainstream-Film überzeugt als einer der fesselndsten Thriller der jüngeren Vergangenheit
14. "The New World" - Terrence Malicks Pocahontas-Geschichte ist alles andere als Mainstream, aber ein Fest für Anhänger seines minimalistischen, aber beinahe magischen Filmstils.
15. "Departed - Unter Feinden" - ein guter Scorsese-Thriller, der jedoch den Vergleich zum Hongkong-Vorbild "Infernal Affairs" unbedingt zu übertrumpfen versucht und dabei scheitert.

Damit direkt zu den Flop5 - dabei spielen auch die Erwartungen, die ich vorher an einen Film hatte, eine Rolle. Es sind also nicht unbedingt die schlechtesten, sondern eher die enttäuschendsten Filme des Jahres:

1. (mit weitem Abstand!) "Hard Candy" - ein ärgerliches, manipulatives, pseudo-intelligentes Machwerk, das dem ernsten Thema "Pädophilie" in keinster Weise gerecht wird! <img src="/ubbthreads/images/graemlins/down.gif" alt="" /> <img src="/ubbthreads/images/graemlins/down.gif" alt="" /> <img src="/ubbthreads/images/graemlins/down.gif" alt="" />
2. "Black Dahlia" - Brian DePalma hat mal so gute Filme gemacht, aber diese Film-noir-Gurke bestätigt seinen scheinbar unaufhaltsamen Abwärtstrend ... <img src="/ubbthreads/images/graemlins/down.gif" alt="" /> <img src="/ubbthreads/images/graemlins/down.gif" alt="" />
3. "Final Destination 3" - nach zwei ausgesprochen unterhaltsamen Vorgängern enttäuscht der dritte Teil auf ganzer Linie, weil er schlicht und ergreifend unglaublich mittelmäßig ist. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/down.gif" alt="" />
4. "Die Chroniken von Narnia: Der König von Narnia" - schön anzusehendes, aber auch ziemlich langweiliges Fantasy-Epos mit teilweise fragwürdiger Moral.
5. "Tristan & Isolde" - auch hier: Wunderschön anzusehen, aber erschreckend langweilig.

Und abschließend zur Kategorie "Best Guilty Pleasure", die Filme beinhaltet, die objektiv betrachtet keineswegs überragend sind, aber trotzdem einfach Spaß machen:

1. "The Producers" - Die von Mel Brooks geschriebene und produzierte Verfilmung der von Mel Brooks geschriebenen und produzierten Broadway-Version des von Mel Brooks geschriebenen und inszenierten 60er-Jahre-Hits "Frühling für Hitler" ist genau so herrlich durchgedreht und hemmungslos albern wie seine Entstehungsgeschichte. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/biggrin.gif" alt="" />
2. "X-Men: Der letzte Widerstand" - ein dritter Teil
3. "Fluch der Karibik 2" - leider kommt die Fortsetzung des Piraten-Spektakels weitgehend ohne Handlung aus, ist aber - nicht zuletzt dank Johnny Depp - immer noch sehr unterhaltsam.
4. "Silent Hill" - in einem schwachen Horror-Jahr der mit Abstand beste Genrevertreter, auch wenn er erwartungsgemäß nicht die hohe Qualität der Spiele-Vorlagen erreicht.
5. "Casanova" - eine klassische romantische Komödie, nicht herausragend, aber dank Top-Besetzung sehr spaßig!
6. "Slither" - endlich mal wieder eine gelungene Horror-Komödie. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smile.gif" alt="" />

Fazit des Jahres: Es ist mehr als offensichtlich, daß in Hollywood und Europa eine Re-Politisierung des Kinos stattfindet. So ist es auch kein Wunder, daß meine Top3 sich komplett aus "politischen Filmen" zusammensetzen und sich weitere drei Filme in den Top15 befinden, denen man auch dieses Etikett anheften kann. Dafür kamen klassische Thriller, Horrorfilme sowie Komödien in diesem Jahr eindeutig zu kurz (was die Qualität betrifft).
Ich persönlich hoffe, daß sich dieser Trend hin zu einem kritischeren Kino weiter fortsetzt, dabei jedoch auch die übrigen Genres im Jahr 2007 und danach wieder echte Highlights hervorbringen!
Die Zahl der nicht englisch-sprachigen Filme in meinen Top15 hat sich im Vergleich zum Vorjahr übrigens von zwei auf vier erhöht.

Insgesamt war das Kinojahr 2006 aus finanzieller Hinsicht ein deutlich erfolgreicheres als das Jahr 2005. Gerade in Deutschland profitierten die Kinos zudem von der unerwarteten Stärke der heimischen Kinoindustrie mit Hits wie "Das Parfum", "Deutschland. Ein Sommermärchen", "Das Leben der Anderen" und ungezählten Kinderfilmen.
Offizielle Zahlen über die erfolgreichsten Filme des Jahres in Deutschland, den USA und weltweit werde ich in den nächsten Wochen nachreichen - sobald sie veröffentlicht werden. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smile.gif" alt="" />

Last edited by Ralf; 27/12/06 12:38 PM.