DIE QUEEN:

Der Film beginnt mit der Wahl Tony Blairs (Michael Sheen) zum Premierminister 1997 und seinem Antrittsbesuch bei Queen Elizabeth II. (der OSCAR-Gewinn ist so gut wie sicher: Helen Mirren) - und damit sind die beiden Hauptfiguren von Stephen Frears´ hochgelobter Tragikomödie auch gleich eingeführt.
Wenige Wochen später verunglückt Prinzessin Diana in Frankreich tödlich. Ganz Großbritannien ist in Trauer, nur die königliche Familie bleibt in ihrem Urlaub im schottischen Balmoral und schweigt. Das schürt den Zorn der Massen, gesteuert durch die bekannten mega-populistischen Boulevard-Blättchen, die teilweise bereits den Anfang vom Ende der Monarchie gekommen sehen.
Blair, obwohl selbst kein erklärter Freund der Monarchie, versucht alles, um die Queen vom Ernst der Lage zu überzeugen, doch sie und ihre Familie und Berater bestehen zunächst darauf, die alten Regeln Traditionen einzuhalten (die es beispielsweise nicht erlauben, die königliche Standarte auf dem Buckingham Palace auf Halbmast zu setzen, wie von der Presse gefordert).

Als Stephen Frears ("Gefährliche Liebschaften", "Mrs. Henderson präsentiert") sein neues Projekt bekanntgab, hätte wohl kaum jemand gedacht, daß daraus ein ernsthafter OSCAR-Anwärter werden würde - und auch nicht, daß der Regisseur es schaffen würde, einen Stoff, der ein klassischer Tränenzieher zu werden versprach (oder drohte?), amüsant und zugleich einfühlsam umzusetzen. Doch das ist ihm in der Tat gelungen, nicht zuletzt aufgrund einer hervorragenden Darsteller-Riege (darunter ein wieder einmal glänzender James Cromwell als Prinz Philip und Helen McCrory als kratzbürstige Cherie Blair) und natürlich des gestern mit einem Golden Globe ausgezeichneten Drehbuchs von Peter Morgan.
Interessant ist dabei natürlich speziell die Art und Weise der Darstellung von Personen des öffentlichen Lebens: Helen Mirren interpretiert die Queen ernst und würdevoll, distanziert, aber keineswegs gefühllos.
Tony Blair, der zunächst als eher tölpelhafter Mensch eingeführt wird, erfährt die größte Entwicklung, indem er sich im Krisenmanagement bewährt und anders als einige seiner Mitarbeiter auch menschliche Größe zeigt, von der Queen höchstpersönlich jedoch auch jene Schwächen enthüllt bekommt, an denen er in der Realität letztlich scheitern sollte.

Positiv ist weiterhin, daß Frears sich keineswegs auf den ja immer noch verbreiteten Diana-Kult einläßt, sondern seine Protagonisten einige kritische (und sehr wahre!) Sätze darüber verlieren läßt, die gerade manchen britischen Zuschauer durchaus nachdenklich gemacht haben dürften. Erstaunlich auch, daß der Regisseur - der sich in der Vergangenheit oftmals monarchie-kritisch geäußert hat - zwar keineswegs die Fehler dieser Monarchie übergeht, aber jederzeit respektvoll und mitfühlend bleibt.

Echte Schwächen hat "Die Queen" eigentlich nicht, allerdings ist das Tempo über weite Strecken (vor allem in der ersten Filmhälfte) nicht allzu hoch und wer sich wirklich überhaupt nicht für Royals und die Hintergründe von Politik und Zeremonien interessiert, dürfte wohl kaum richtig glücklich werden.

Fazit: "Die Queen" ist eine wunderbar gefilmte, hervorragend gespielte und durchaus hintersinnige Tragi-Komödie, die hinter die Kulissen blickt. Dieser Blick ist natürlich spekulativ, aber da die Queen das Filmteam in den Buckhingham Palace eingeladen hat, kann das Gezeigte von der Realität so weit wohl nicht entfernt gewesen sein ... <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smile.gif" alt="" />
8 Punkte.

Last edited by Ralf; 17/01/07 01:28 PM.