Ganz zu schweigen von Woody Allen oder Spike Lee!

ONE WAY:
Werbeprofi Eddie (Til Schweiger) hat alles, was Mann sich erträumen kann: Er ist mit der hübschen und sehr sympathischen Tochter seines Chefs verlobt, wird zum Partner der Werbeagentur befördert und hat zudem noch eine heiße Affäre am Laufen.
Doch dann wird Eddies beste Freundin Angelina (Lauren Lee Smith) von seinem künftigen Schwager (Sebastien Roberts) brutal vergewaltigt und Eddie soll vor Gericht aussagen. Ihm ist klar: Ganz gleich, wie er aussagen wird, es wird ernste Konsequenzen für ihn nach sich ziehen ...

Der zweite Kino-Film des schweizerischen Regisseurs Reto Salimbeni (mit Schweiger als Produzent) ist ein harter Thriller, der bereits im Vorfeld für Kontroversen gesorgt hat. Das beginnt mit der Qualität des Films, denn das Urteil der Kritiker reicht von großem Lob bis hin zu Totalverrissen. Die Publikumsreaktionen scheinen dagegen überwiegend sehr positiv auszufallen, vor allem interessanterweise beim weiblichen Publikum (weshalb das wohl so ist, kann ich ohne Spoiler leider nicht erläutern).
Die zweite Kontroverse dreht sich um die insgesamt drei Vergewaltigungsszenen, die im Film vorkommen und die angeblich sehr drastisch seien.
Möglicherweise mag das für deutsche Film-Verhältnisse sogar zutreffen (um das beurteilen zu können, sehe ich zu wenig deutsche Krimis oder Thriller ...), aber im Vergleich zu internationalen Produktionen sind diese Sequenzen sicher nicht übermäßig brutal geraten. Daß sie dennoch sehr intensiv wirken, liegt einmal am sehr überzeugenden Spiel von Lauren Lee Smith ("The L Word", "Der letzte Kuß") und ein andermal daran, daß es sich um eine sehr ungewöhnliche Vergewaltigung handelt. Tatsächlich zu sehen ist jedoch so gut wie nichts (der Film kam auch locker mit einer FSK16-Freigabe durch).

Davon abgesehen ist "One Way" ein düsterer, aber sehr gelungener und (abgesehen vielleicht vom Ende) kaum vorhersehbarer Thriller. Til Schweiger wird auch für diese Rolle keinen OSCAR gewinnen, zeigt aber eine gute Leistung in einem für ihn ungewohnten Genre. Die weiteren Darsteller (fast alles Amerikaner, weshalb diese deutsche Produktion auch komplett auf Englisch gedreht wurde) sind überzeugend, in Nebenrollen sind sogar (Ex-)Stars wie Michael Clarke Duncan ("The Green Mile", "Sin City") und Eric Roberts zu sehen.
Das interessante an "One Way" ist, daß sich aus einer bekannten Ausgangssituation ein ungewöhnlicher Handlungsverlauf entwickelt, der auch spannende moralische Fragen aufwirft (inwiefern diese vom Film passend beantwortet werden, ist sicherlich diskutabel). Manche Kritiker bemängeln die klischeehafte Schwarz-Weiß-Malerei bei den Charakteren, aber das finde ich nicht nachvollziehbar. Zwar stimmt es, daß der Bösewicht des Films geradezu der Teufel in Menschengestalt ist, aber fast alle anderen Personen bewegen sich eindeutig in der Grauzone - vor allem Til Schweigers Figur des Eddie, der vom rückgratlosen Arschloch zwar eine gewisse Entwicklung durchmacht, aber nie der strahlende Held ist, den man erwarten würde.

Die Story, so interessant sie auch sein mag, ist jedoch nicht immer frei von Ungereimtheiten, ebensowenig das Verhalten der Charaktere. Manches wird vom Regisseur bewußt ein wenig im Unklaren gelassen (so die Funktion der Rolle von Michael Clarke Duncan), anderes ist einfach nur schlecht durchdacht.
Negativ fällt mitunter auch die zu aufdringliche und nicht immer passende Musikuntermalung auf.

Dennoch ist "One Way" insgesamt ein erstaunlich gelungener Thriller (gerade für eine deutsche Produktion), der trotz Schönheitsfehlern zum Nachdenken und Diskutieren anregt. 8 Punkte und ein Lob für Til Schweiger und seine Bemühungen, den deutschen Film aus seinem gewohnten Provinzmief zu hieven (dabei ist er natürlich nicht der einzige, aber für einen ursprünglich nur als Schauspieler tätigen ist sein Engagement wirklich bemerkenswert). <img src="/ubbthreads/images/graemlins/up.gif" alt="" />