28 WEEKS LATER:

28 Wochen nach dem fatalen Virus-Ausbruch in "28 Days Later" gilt Großbritannien wieder als sicher. Eine NATO-Truppe unter amerikanischer Führung sorgt für den Wiederaufbau und die Verbrennung der zahllosen Leichen und nach und nach kehrt die evakuierte Rest-Bevölkerung zurück. Darunter sind auch die Geschwister Tammy und Andy, die während der Katastrophe im Ausland in Ferien waren und nun mit ihrem überlebenden Vater (Robert Carlyle) wiedervereinigt werden. Doch es kommt, wie es in einer Fortsetzung kommen muß: Das Virus bricht wieder aus und jeder - ob Zivilist oder Soldat - kämpft verzweifelt ums Leben ...

Ich will gar nicht genauer ins Detail gehen, denn es wäre ein regelrechtes Verbrechen, den Zuschauern durch eine zu ausführliche Inhaltszusammenfassung die Freude an den unzähligen Überraschungen im Handlungsverlauf zu nehmen!
Das spanische Regie-Wunderkind Juan Carlos Fresnadillo ("Intacto") hat das Szepter von Danny Boyle ("Trainspotting", "Sunshine") übernommen und eine Fortsetzung kreiert, die in mancher Hinsicht viel besser ausgefallen ist, gleichzeitig aber auch größere Schwächen hat.
Die Handlung an sich ist sehr überschaubar - es geht nunmal um den erneuten Virus-Ausbruch und den Überlebenskampf der in London eingeschlossenen Menschen. Mehr braucht es gar nicht. Das Erstaunliche ist jedoch, wie innovativ und kompromißlos Fresnadillo die zahlreichen bedeutenderen Film-Charaktere einsetzt. Man kann nicht unbedingt behaupten, daß die allzu komplex dargestellt wären (abgesehen von Carlyles gebrochener Vaterfigur vielleicht), dazu haben sich auch viel zu wenige Szenen. Aber die schonungslose Art und Weise, in der Fresnadillo seine Figuren einsetzt, um damit die Handlung voranzutreiben und das Publikum immer wieder zu verblüffen und schockieren, ist geradezu meisterhaft und erinnert an Genre-Legende George A. Romero zu seinen besten Zeiten.
Die Besetzung der Rollen ist dabei passenderweise - und wie beim Vorgänger - mit einigen guten Darstellern (Robert Carlyle, Catherine McCormack, Rose Byrne, Harold Perrineau) geschehen, aber ohne echte Stars, die in dieser Art Film auch zu sehr ablenken würden und schlichtweg unpassend wären.

Neben dem unkonventionellen Einsatz der Charaktere hinterlassen auch der treibende Score von John Murphy und die nicht allzu zahlreichen, aber umso heftigeren, blutigen Gewaltausbrüche tiefen Eindruck. Dabei gerät die Gewalt niemals zum Selbstzweck, sie wird weder verherrlichend noch verharmlosend dargestellt, sondern vielmehr erschreckend authentisch und drastisch. Das ist definitiv nichts für zarte Gemüter, für das Funktionieren des Films jedoch unabläßlich.
Der in Hollywood mittlerweile gängige exzessive Einsatz der wackligen Handkamera in den Actionszenen unterstützt deren verstörende Wirkung nur noch (gerade im Zusammenspiel mit den immer mal kurz dazwischengeschalteten Vogelperspektive-Aufnahmen des Geschehens), ist aber manchmal doch etwas übertrieben und damit nervig.

Daneben gibt es noch zwei weitere Schwächen, die mich bei aller sonstigen Begeisterung vom Zücken der Höchstnote abhalten: Einmal ist das die Erklärung der Verbreitung des Virus, die ich für ziemlich unglaubwürdig und an den Haaren herbeigezogen halte. <span class='standouttext'>Spoiler : </span><span class='spoiler'>Nach Ausbruch des Virus werden alle Bürger von den Militärs in einem großen Raum eingepfercht, doch dummerweise überwachen die Soldaten nicht alle Eingänge, wodurch ein Infizierter einbrechen und ein wahres Blutbad anrichten kann</span>
Zudem kam das Ende für meinen Geschmack recht abrupt. Es ist zwar ein gelungenes, hübsch fieses Ende, aber meiner Ansicht nach hätten dem Film mit seinen knapp 100 Minuten Laufzeit 15 oder 20 weitere gut gemachte Minuten gutgetan.

Davon abgesehen bin ich aber restlos begeistert und deshalb gefällt mir "28 Weeks Later" auch noch ein Stück besser als "28 Days Later", obwohl letzterer IMHO der handwerklich bessere Film ist. Moderne Genre-Klassiker sind bereits jetzt beide und es gibt erfreulicherweise bereits Überlegungen zu einem (vermutlich finalen) dritten Teil, den möglicherweise wieder Danny Boyle inszenieren würde. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smile.gif" alt="" />

Fazit: "28 Weeks Later" ist ein klassischer Zombie-Film (wenn auch mit Infizierten anstatt Zombies <img src="/ubbthreads/images/graemlins/winkwink.gif" alt="" />) in allerbester Tradition, der mit seiner Kompromißlosigkeit, seiner zielstrebigen Härte und intelligentem Figuren-Einsatz begeistert und über vereinzelte Schwächen wie die zu kurze Laufzeit oder ein paar Logikfehler hinwegsehen läßt. Um das aber ganz klar zu machen: Der Gelegenheitszuschauer wird es aller Voraussicht nach bitter bereuen, sollte er sich versehentlich in diesen Film verlaufen! Ein starker Magen und eine Vorliebe für das Horror-Genre sollte man schon haben, um "28 Weeks Later" genießen zu können ...
9 Punkte und damit mein Lieblings-Zombie-Film, den ich im Kino gesehen habe (vor dem "Dawn of the Dead"-Remake und "28 Days Later", falls ich keinen vergessen habe). <img src="/ubbthreads/images/graemlins/biggrin.gif" alt="" /> <img src="/ubbthreads/images/graemlins/up.gif" alt="" />

Last edited by Ralf; 07/09/07 05:08 PM.