30 DAYS OF NIGHT:

In einem Kaff in Alaska gibt es jedes Jahr einen Monat lang "ewige Nacht". Idealer Spielplatz für eine Horde von Vampiren mit viiiiiel Appetit! Der Sheriff (Josh Hartnett), seine Frau (Melissa George) und einige weitere Bewohner des Ortes versuchen, zu überleben ...

Yep, das reicht als Storybeschreibung dieser Comicverfilmung völlig aus. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smile.gif" alt="" />
Leider sind die ersten 30 Minuten des Films eine einzige Enttäuschung! Die Charakterzeichnung ist eindimensional, die Dialoge sind (wie man das im Genre ja irgendwo auch gar nicht anders erwartet ...) banal und die Schockmomente so plakativ und vorhersehbar, daß es wahrlich keine Freude ist.
Glücklicherweise wird das Ganze dann deutlich ansehlicher, als Regisseur David Slade ("Hard Candy") vom schwachen Grusel- zum durchaus gelungenen Actionteil übergeht. Die Actionszenen sind rasant, viusell teilweise sogar sehr ansprechend in Szene gesetzt (vor allem eine Sequenz aus der Hubschrauberperspektive bleibt als Highlight im Gedächtnis).
Die langweiligen Charaktere interessieren zu diesem Zeitpunkt sowieso nicht mehr und Slade zeigt deutlich, daß es ihm genauso geht.
Lediglich das Heldenpaar macht dabei natürlich eine Ausnahme: Josh Hartnett zeigt erneut, daß er einen veritablen Helden abgibt (auch wenn ich in der deutschen Synchron-Fassung seine markante Originalstimme sehr vermisse), Melissa George ("Alias") hingegen bleibt mehr oder weniger reines eye candy (was bei der dicken Winterkleidung auch nur relativ zu betrachten ist <img src="/ubbthreads/images/graemlins/biggrin.gif" alt="" />).
Das vielleicht interessanteste Element des Films sind die Vampire - die sind nämlich erfreulich unkonventionell und mit eigener, kehliger Sprache (natürlich untertitelt) dargestellt. Wobei die Reaktion des Publikums auf diese ungewöhnlichen Vampire (dessen Anführer übrigens von Danny Huston aus "Der ewige Gärtner", "21 Gramm" und "Children of Men" gespielt wird) zwischen Faszination und Belustigung schwankte. Ich bin mir selbst nicht sicher, wozu ich neigen soll, aber immerhin ist dem Film positiv anzurechnen, daß er in diesem Punkt (natürlich auch gestützt auf die Comic-Vorlage) etwas Neues ausprobiert hat.

Im letzten Filmdrittel merkt man dann auch, daß "30 Days of Night" von "Spider-Man"-Regisseur Sam Raimi produziert wurde - die hemmungslos übertriebene Gewaltstilisierung erinnert durchaus an seine legendären "Tanz der Teufel"-Filme und sorgt für Hochstimmung im Publikum. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/delight.gif" alt="" />
Logik und Glaubwürdigkeit sind dabei natürlich absolute Fremdwörter: So dürfte es die wenigsten überraschen, daß auch dieser Film zu der Sorte gehört, in denen die Monster jeden Nebencharakter, der die Nase ins Freie steckt, sofort kaltmachen (pun intended <img src="/ubbthreads/images/graemlins/winkwink.gif" alt="" />), während Josh Hartnett die riskantesten und mitunter dämlichsten Aktionen vollführen darf, ohne daß ihm auch nur ein Haar gekrümmt wird ... <img src="/ubbthreads/images/graemlins/rolleyes.gif" alt="" />
Naja, immerhin nimmt der Film sich selbst nicht ganz ernst, da darf man sowas auch mal verzeihen.

Ankreiden muß man dem Film dafür eindeutig, daß er zu wenig aus seiner für einen Horrorfilm eigentlich perfekten Ausgangslage macht. Im Grunde ist der Filmtitel eine glatte Lüge: Die 30 Tage kommen in der Handlung absolut nicht glaubwürdig rüber. Es gibt ein bißchen Action am 6. Tag, dann ein kurzes Schwarzbild gefolgt von der Einblendung "17. Tag" und die Charaktere hocken immer noch HAARGENAU so rum wie vorher. Nichts hat sich geändert, aber elf Tage sind vergangen. Verschenktes Potential!
Auch die Nacht aus dem Titel wird nicht genügend genutzt. Obwohl die Vampire früh für kompletten Stromausfall sorgen, sieht man es dem Film nur in den wenigsten Szenen überhaupt an, daß er in tiefster Nacht spielt. Was hätte man daraus nicht für wunderbare Szenerien gestalten können: 30 Tage ewige Nacht in Schneelandschaft, umgeben von eine Horde Vampiren. Aber nein, verschenkt - zugunsten eines mittelmäßigen Horrorfilms von der Stange mit (außer Hartnett und dem unterbeschäftigten Huston) mittelmäßigen Darstellern mit viel Blut und durchaus überzeugenden Effekten für Splatter-Fans.
Schade. Wirklich schade. Da wäre so viel mehr drin gewesen. Enttäuschte 6 Punkte.

Edit: Ich lese übrigens bei der IMDB, daß die Vampirsprache auf der Sprache der Cajun in den amerikanischen Südstaaten basiert (filmisch bekannt geworden durch Walter Hills Vietnam-Parabel "Die letzten Amerikaner"). Das kehlige liegt dann wohl doch eher in der Aussprache. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smile.gif" alt="" />
Edit2: Ich muß mich korrigieren: Cajun ist lediglich der Akzent einer der Filmfiguren, das hatte ich überlesen. Die Vampir-Sprache ist dagegen doch - wie ursprünglich von mir erfunden - eine komplette Neuerfindung.

Last edited by Ralf; 21/11/07 12:18 PM.