DER GOLDENE KOMPASS:

In einem Paralleluniversum wächst die junge Lyra (gut: die 13-jährige Dakota Blue Richards) bei ihrem Onkel, dem berühmten Forscher Lord Asriel (Daniel "007" Craig) auf. Da der häufig unterwegs ist, ist Lyras eigentliche Heimat die Universität, wo ihr bester Freund der Dienstbotensohn Roger ist. Doch dann wird Roger von den mysteriösen Gobblern entführt, die es vor allem auf arme Kinder abgesehen haben, und Lyra soll der glamourösen Mrs. Coulter (Nicole Kidman) als eine Art Assistentin helfen. Aber Mrs. Coulter ist nicht, wer sie zu sein scheint, und so beginnt wieder einmal der große Kampf zwischen Gut und Böse ...

"Der goldene Kompaß" ist die Verfilmung des ersten Teils der vor allem im anglikanischen Raum sehr populären Fantasy-Trilogie "His Dark Materials" von Philip Pullman.
Und anhand dieser Verfilmung kann ich nur zwei mögliche Schlüsse ziehen:
1. Die Trilogie von Pullman ist Mist!
2. Pullman sollte die Filmemacher auf Schadensersatz verklagen, weil sie sein Buch dermaßen verschandelt haben!

Ja, "Der goldene Kompaß" ist ein Flop. Ein echter Flop. Ein Flop von "Narnia"-Ausmaßen!
Überhaupt erinnert sehr viel an "Die Chroniken von Narnia", was insofern lustig ist, als Pullmans Bücher offenbar als anti-christlicher Gegenentwurf zu C.S. Lewis eindeutig von christlicher Symbolik geprägter "Narnia"-Reihe gelten (weshalb es in den USA auch schon wieder Boykott-Aufrufe christlicher Fundamentalisten gegen den Film gibt - obwohl der komplett auf jede religiöse Thematik verzichtet ...).

Wie "Narnia" überzeugt bei "Der goldene Kompaß" das ganze Drumherum: Ausstattung, Musik (von Alexandre Desplat), visuelle Effekte (nicht übermäßig spektakulär, aber schön anzuschauen), Schauspieler (die aber mangels Screentime und Charakterentwicklung mächtig unterfordert sind - Christopher Lees Anwesenheit beschränkt sich gar auf ziemlich genau 15 Sekunden!). Alles nicht überragend, aber gut gelungen.
Der Teufel steckt - wie so oft - im Drehbuch. Die Story über Gut gegen Böse und Lyras Suche nach den verschwundenen Kindern ist weder originell noch spannend erzählt. Dazu kommt der Kardinalsfehler urplötzlich quasi aus dem Nichts auftauchender Verstärkung für die Guten in höchster Not nicht nur einmal (was verzeihlich wäre), sondern immer wieder vor - schrecklich! <img src="/ubbthreads/images/graemlins/down.gif" alt="" />
Außerdem haben in diesem Paralleluniversum alle Menschen ein Seelentier. Und jetzt ratet mal: Bei den Bösen sind das Käfer, Schlangen und ähnliches Krabbelzeugs, bei den Guten dagegen Hunde, Katzen u.ä. - wie unfaßbar originell!

In letzter Zeit hat Pullman des öfteren in den Medien über Tolkien gelästert und darüber, daß Gollum der einzige halbwegs interessante Charakter im "Herr der Ringe" gewesen sei - wer so tönt, bei dem sollte man doch eigentlich vielschichtige, komplexe Charaktere erwarten dürfen, nicht wahr? Weit gefehlt - zumindest im Film ist von komplexen Charakteren oder irgendeiner Entwicklung der Figuren weit und breit nichts zu sehen: es gibt leuchtend weiß und dunkles Schwarz ... Grautöne müssen leider draußen bleiben!

Viele Kritiken bemängeln, daß der Film einfach zu gehetzt wirke und daher die Stärken des Buches nicht rüberbringen könne - und einige Darsteller haben sich darüber beschwert, daß das Filmstudio den Film von Regisseur Chris Weitz ("American Pie") extrem geschnitten habe, um ihn auf unter zwei Stunden Spielzeit zu bringen. Vielleicht könnte ein Director´s Cut also für Besserung sorgen.

So ist "Der goldene Kompaß" jedenfalls nichts weiter als ein kolossaler Flop auf hohem Produktionsniveau. 4 Punkte.

Übrigens scheint der Film auch weltweit deutlich unter den kommerziellen Erwartungen zu laufen (soweit sich das aus dem mißlungenen Startwochenende in den USA und vielen weiteren großen Kinomärkten ableiten läßt), eine eigentlich fest eingeplante Fortsetzung dürfte also auf ziemlich wackligen Beinen stehen ...