Trotz meines engen Terminplanes war ich in den letzten Wochen drei Mal im Kino (meine Freunde zerrten mich mit für 2 Stunden abschalten) - und drei Mal war ich enttäuscht.

Aber der Reihe nach. Zuerst war ich in:


BEOLWULF

Strahlende Helden, garstige Monster, schöne Verführerinnen und die Story steht eigentlich auch schon. Kann da noch was schief gehen?
Ja!
Wie kann man so tolle Zutaten nur so vermurksen! Die Story ist furchtbar, so dass fast Christopher Lamberts Beowulf noch besser ist!
Wieso man sich entschieden hat, einen Animationsfilm zu machen, ist mir schleierhaft - ein Live-Action-Film wäre besser geeignet gewesen - zumal der Animationsfilm als Medium nicht einmal ausgenutzt wurde, da alle Szenen genausogut mit Realfilm/CGI-Mischung gewesen wären.
Die Modelle der Hauptfiguren sind fantastisch gemacht aber umso mehr fallen die unnatürlichen Bewegungsabläufe auf. Die Nebenfiguren wiederum sind fast alle praktisch emotionslose austauschbare Puppen.
Das schlimmste am Film ist aber, dass er absolut keinen Sympathieträger hat!
Beowulf: Arschloch
König: Arschloch
Königin: Jammertante
Mätresse: Jammertante
Wiglaf: Der wartet nur draussen
Einzig Grendel erregt ein wenig Mitleid
So kriegt der Film von mir noch 2 Punkte wegen zum Teil guten Modellen und zum Teil netten Hintergründen.


Nächste Katastrophe:


HITMAN

Ich bin ja normalerweise ein Fan von Spielverfilmungen und sogar das unsägliche Mario Brothers hat einen Trash-Sympathiebonus.
Hitman allerdings kriegt den nicht. Ich musste sogar zweimal schauen, ob der Film nicht in Wirklichkeit von Uwe Boll kommt!

Lasst mich ganz kurz zum Spiel kommen: Ziel des Spieles ist es auf möglichst verteckte und auffällige Art jemanden umzubringen (meist aus relativ noblen Gründen) und zum "Extraction-Point" zu gelangen - möglichst ohne Spuren zu hinterlassen oder unschuldige zu verletzen/töten.

Im Film geht es um eine Horde Mörder (wie 47), die allesamt nicht zielen können, einem 47, der wild umsichballernd durch die Gegend zieht, und einer von Plotlöchern strotzenden abstrusen Handlung.
Wohlwollende 3 Punkte, wenn man auf einen Ballerfilm steht, als Hitman-Verfilmung allerdings furchtbar!


Und zu guter Letzt:


DER GOLDENE KOMPASS

Hier muss ich ein bisschen Ausholen, da ich nur das erste Buch gelesen habe und das zweite nur etwa bis zur Hälfte - und das ganze ist schon ein Weilchen her.
Meine Kritik ist 1:1 aus einem Mail an einen Freund von mir herauskopiert:

Der Ersteindruck des Filmes war dann auch ganz positiv: Schauspieler sind gut ausgewählt, das Design der Sets gefällt mir ausgesprochen gut, das Steampunk-artige, viktorianische England sieht cool aus und auch die CGI-Effekte sind ganz passabel.


*** SPOILER AHOI! ***


Dann die erste Ernüchterung: Nicole Kidman spielt mit. Es ist sicherlich Geschmacksache aber ich kann sie nicht leiden. Und schon in der ersten Einstellung - in den ersten Sekunden, in der man sie sieht - schreit sie geradezu: "Hallo zusammen! Ich bin's, die Kidman! Guckt mal, ich mach auch mit und ich bin die Böse!" Falls der Regisseur dachte, sie soll eine charismatische aber kalte Bösewichtin spielen, dann hat er sich aber getäuscht. Die deutsche - schon an der mässigen Übersetzung krankende - Synchronisation trägt ausserdem dazu bei.

Dann gleich das zweite grosse Problem des Filmes: Lord Asriel hat ungefähr fünf Minuten Screentime und viel mehr als die zweidimensionale Schablone eines beliebten Lords und Möchtegern-Onkel von Lyra kriegt man von ihm nicht zu sehen. Zu Beginn wird er beinahe vergiftet - warum und wieso wird nicht erklärt, zumal er ja erst später überhaupt berichtet, was er vor hat und somit zur Zielscheibe des Magistrates wird.

So toll nachvollziehbar geht es weiter. Nach einem kleinen Kommentar von der Kidman ... äh, ich meine Mrs. Coulter, ist Lyra gleich Feuer und Flamme für sie und will mit ihr mitreisen. Natürlich willigt die Leitung der Universität sofort ein - ohne Lord Asriel Bescheid zu geben. Offensichtlich muss man dem Erziehungsberechtigten nichts sagen, wenn man in Paralleluniversen mit einer fremden Dame mitreisen möchte.

(Anmerkung: Ich bin mir nicht mehr ganz sicher aber im Buch wird ihr bester Freund Roger vorher von den Gobblern entführt, die Kinder in den Norden verschleppen. Lyra sieht in Coulter die Möglichkeit, in den Norden zu Gelangen, um ihren Freund zu retten. Im Film wird Roger zwar auch vorher entführt, Lyra erfährt dies aber erst viel später.)

Natürlich merkt die schlaue Lyra bereits zwei Einstellungen später, dass die Kidman ... öh, Coulter dann so eine richtig Böse ist (was man am unsympathischen Affen schon gemerkt haben sollte) - allerdings auch wieder wegen einer Lappalie: Lyra will eine Umhängetasche nicht ablegen - wozu es gar keinen Grund gibt, da der Kompass zu dieser Zeit unter ihrem Kopfkissen versteckt ist.
Lyra ist also stinkesauer und beschliesst, das Büro der Kidm... Coulter zu durchsuchen. Im Abfall findet sie dann auch wunderschöne, gestempelte und unterschriebene Listen der entführten Kinder. Ist halt schon noch blöd, dass es in Parallelengland keine Shredder gibt.

Also dann: Geheimnis gefunden und nichts wie weg! - Selbstverständlich sind sofort Gobbler zur Stelle und hinter Lyra her. Auweia!
Aber keine Sorge, wozu gibt es denn Deus Ex Machina? Die sind plötzlich in Form der Gypter (einem Volk der Schiffahrer) zur Stelle: Lyra versteckt sich in einem zufällig ausgewählten Haus und landet in einer Sackgasse und plötzlich sind die Gypter da. Aus dem nichts. - Und das schlimme ist, dass dies nur das erste von einigen (viel zu vielen) solchen Rettungen sind. Meistens sind es die Gypter, die einfach auftauchen, wenn es brenzlig wird.

Ich meine, ich habe absolut kein Problem damit, so lange es irgendwie nachvollziehbar ist. Es heisst schon, sie seien Lyra gefolgt aber trotzdem. Vermutlich wäre die Szene dreimal spannender und nachvollziehbarer gewesen, wenn man sie aus der Sicht der Gypter erlebt hätte: Coulters Haus wird umstellt und bewacht und plötzlich sehen sie Lyra davonrennen. Während sie versuchen, Lyra einzuholen, werden sie durch Gobbler gebremst und ein spannender "Wettlauf" gegen die Gobbler beginnt, wer das Mädchen zuerst erreicht.

Während der Schiffahrt lernt Lyra innerhalb einer halben Sekunde, wie man den Kompass (eigentlich ein Alethiometer, das die Wahrheit sagt - also quasi ein Hellsehgerät ist) bedient und liest. Farder Coram - im Buch ein weise Mann, der Lyra lehrt, wenn ich mich recht erinnere - verkommt im Film zu einer eindimensionalen Nebenfigur.

Na, es geht dann noch weiter bergab. Iorek, der Eisbär, ist zwar für einen Moment herzerweichend aber genau so schnell kommt er darüber hinweg.

Die Talfahrt des Films endet aber noch nicht, denn man hat sogar Abläufe in eine andere Reihenfolge gebracht, was der Logik und den Plotlöchern natürlich verdammt gut getan hat. So hat man den Ausbruch aus dem Intercisions-Institut - mit dem einzigen grösseren Kampf - mit aller Gewalt ans Ende des Film hingemurkst - so quasi als "Höhepunkt"!
Lord Asriel kommt gar nicht mehr vor und auch sonst alle Plotpunkte sind wild durch die Handlung verteilt - zusammen mit immer wieder ganz tollen Deus Ex Machinas.

Abschliessend bleibt mir zu sagen, dass "Golden Compass" für mich eine grosse aber gut gemachte Enttäuschung war. Die Schauspielerin von Lyra ist toll und sie nervt auch nicht, wie das oft bei Kindhelden der Fall ist.
Aber gerade im vergleich mit dem vor einiger Zeit erschienen "Stardust" ist der Film nicht viel mehr als Kopfschütteln wert. Schade eigentlich.


*** SPOILER ENDE ***


Alles in allem Kriegt der Film von mir 5 Punkte, da ich mit Lyra und dem ganzen Design durchaus zufrieden war. Und ich war verhältnismässig gut Unterhalten.

Zu guter Letzt möchte ich mich als Agnotiker und absoluter Nicht-Christ noch zu Pullman äussern: Ich finde, der generelle Aufruf zu freiem Willen ist ganz in Ordnung, aber der gute Mann geht zu weit! Er verurteilt (vor allem in den späteren Büchern den Glauben - allen voran natürlich das Christentum - und geht sogar so weit, metaphorisch zu behaupten, Atheismus sei das einzig Wahre.
Ich finde diese Einstellung persönlich sogar noch falscher als das übertriebene Christengesäusel von anderen! Da bevorzuge ich Narnia und Konsorten um einiges.

Last edited by Patarival; 13/12/07 04:01 PM.