Doppelpack-Zeit:

DER KRIEG DES CHARLIE WILSON:

Washington, 1980er Jahre: Der Abgeordnete Charles Wilson (Tom Hanks) ist ein mit allen Wassern gewaschener Weiberheld (seine ausschließlich hübschen, jungen und vor allem weiblichen Mitarbeiterinnen werden im Abspann treffend als "Charlie´s Angels" bezeichnet <img src="/ubbthreads/images/graemlins/biggrin.gif" alt="" />), aber auch ein sehr gewiefter Politiker, der sich für eine Sache engagiert, von der er überzeugt ist. Als eines Tages ein TV-Bericht aus Afghanistan sein Interesse weckt und er sich näher über die dortige Situation der hoffnungslos unterbewaffneten Mudschaheddin im Kampf gegen die sowjetische Invasion informiert, hat er so eine Sache gefunden. Er nutzt all seinen über die Jahre gesammelten Einfluß aus (und fordert etliche "Gefallen" ein), um den Kampf gegen die Kommunisten in Afghanistan zu finanzieren. Unterstützt wird er dabei von der reichen, ultra-rechten Lobbyistin Joanne Herring (Julia Roberts) und dem ungehobelten, aber idealistischen CIA-Agenten Gust Avrakotos (OSCAR-nominiert: Philip Seymour Hoffman). Ein seltsames Gespann. Ein erfolgreiches Gespann!

Aaron Sorkin konnte als Erfinder und Chef-Autor der in den USA ausgesprochen erfolgreichen Polit-Serie "The West Wing" sieben Jahre lang Erfahrung im Schreiben zugleich ernsthafter und amüsanter Politik-Drehbücher sammeln. Das merkt man "Der Krieg des Charlie Wilson" an, denn die spritzigen, intelligenten Dialoge sind neben der herausragenden Schauspielerriege (in den Nebenrollen glänzen u.a. Amy Adams, Emily Blunt, Ned Beatty, Ken Stott, John Slattery, Om Puri) das absolute Highligt des Films.
Trotz des ernsthaften Themas - und die Geschichte ist so in etwa tatsächlich passiert! - hat Regieveteran Mike Nichols einen sehr amüsanten Film geschaffen, mit deutlichen satirischen Anklängen (was ihn fast 40 Jahre später wieder in die Nähe seiner "Catch-22"-Verfilmung bringt ...).

Tom Hanks spielt Charlie Wilson mit Verve und es gelingt ihm problemlos, den Gratwandel zwischen hemmungslosem Macho und seriösem Politiker darzustellen. Vor allem sein Zusammenspiel mit Seymour Hoffman läßt mitunter kein Auge trocken! <img src="/ubbthreads/images/graemlins/up.gif" alt="" />
Zwischendurch gibt es immer wieder kurze Kampfsequenzen zu sehen (teils gespielt, teils originale Archivaufnahmen), die daran erinnern sollen, daß es bei diesem insgesamt sehr amüsanten Film durchaus um eine ausgesprochen ernste Thematik geht.

Natürlich versäumen Sorkin und Nichols es auch nicht, in die heutzutage schon fast vergessenen Geschehnisse mitunter Anspielungen auf die heutige Situation einzubauen - denn im Grunde genommen ist der Film ja eine Art Prequel zum heutigen Afghanistan-Krieg. Neben einigen subtil in die Dialoge eingeflossenen Seitenhieben bietet aber auch die wahre Geschichte des Charlie Wilson die Möglichkeit, darauf einzugehen. Denn während es Wilson zu Hochzeiten des Krieges gelang, eine Milliarde Dollar für die Unterstützung der Mudschaheddin bereitstellen zu lassen, wurde ihm nach dem Rückzug der Sowjets nicht mal mehr eine MILLION für den Wiederaufbau von Schulen u.ä. bewilligt.
So ist es auch mehr als passend, daß der Film mit einem (in der deutschen Fassung leider etwas abgeschwächten) Zitat des echten Charlie Wilson endet:
"These things happened. They were glorious and they changed the world... and then we [nocando] up the endgame."

Das einzige, was ich "Der Krieg des Charlie Wilson" wirklich vorwerfen kann (neben einem gewissen Patriotismus, der wohl unvermeidbar ist, um das amerikanische Publikum zu erreichen - aber wohlgemerkt handelt es sich um einen Patriotismus-Gedanken, der weit von dem eines George W. Bush und seiner Anhänger entfernt ist!), ist, daß er zu kurz ist. Gerade mal eineinhalb Stunden (plus Abspann) sind eigentlich zu wenig für diesen Film. So kommt das Ende auch ziemlich abrupt. Mit mehr Zeit hätte man zudem noch ein wenig tiefer in die Materie eindringen können. Schade, daß das nicht geschehen ist. Könnte den Film womöglich am Ende des Jahres einen Platz in meiner Top15-Liste kosten ...

Dennoch ist "Der Krieg des Charlie Wilson" einem politikinteressierten Publikum absolut zu empfehlen. Auch wer sich unabhängig von der Thematik an intelligenten Rededuellen erfreut oder an herausragender Schauspielkunst, kann hier nicht viel falsch machen. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smile.gif" alt="" />
8 Punkte.

CLOVERFIELD:

New York: Mitt-Zwanziger Rob tritt eine neue Stelle in Japan an, vorher gibt es noch eine große Abschiedsparty für ihn. Diese dokumentiert Robs ziemlich nerviger Freund Hud mit einer Handkamera - und wird so im Laufe des Abends zum Chronisten des Angriffs eines zerstörungswütigen Monsters auf Manhattan!

Seien wir ehrlich: Die Idee, einen Katastrophen-/Monsterfilm aus der Ich-Perspektive zu drehen, ist schlichtweg brillant! Leider verläßt sich "Cloverfield" etwas zu sehr auf diesen Club. Es wäre besser gewesen, auch etwas mehr Zeit und Ideen in die Entwicklung der Handlung zu stecken, denn die ist ausgesprochen konventionell und überraschungsarm. Auch aus den Charakteren hätte man mehr machen können. Nicht nur, daß das "Alter Ego" des Publikums Hud eine tierische Nervensäge ist, auch die anderen Protagonisten sprühen nicht gerade vor Charisma. Eigentlich ein Kardinalsfehler in Horror- oder Katastrophenfilmen, denn wenn man nicht mit den Protagonisten mitfiebern kann, dann ist normalerweise schon fast alles verloren.
In "Cloverfield" ist das dank der Ego-Shooter-Perspektive zum Glück nicht so extrem und auch die sehr kurze reine Laufzeit von etwa 75 Minuten verhindert das Aufkommen echter Langeweile. Dazu kommt, daß das Monster wirklich gut und sogar recht originell aussieht.

Als Darsteller wurden ausschließlich No-Names engagiert. Das merkt man auch. Die sind zwar insgesamt allemal ausreichend, aber in den wenigen figurenzentrierten Szenen konnten sie mich nicht wirklich überzeugen.

Aufgrund des Konzepts gibt es im Film selbst keinen eigens komponierten Score, dafür muß ich aber Michael Giacchinos fantastischen "Cloverfield overture" während des (langen) Abspanns ausdrücklich loben!

Insgesamt ist "Cloverfield" ein durchaus unterhaltsames Monster-Movie, das zu 99% davon lebt, daß es dem Zuschauer mittels Ich-Perspektive und Handkamera das Gefühl gibt, mittendrin im Geschehen zu sein. Wie gesagt: Der Clou funktioniert, aber man hätte deutlich mehr daraus machen können.
7 Punkte.

Eine Fortsetzung ist übrigens bereits angekündigt. Storymäßig macht das allemal Sinn, allerdings halte ich es für keine gute Idee, auch den zweiten Film in der Wackelkamera-Optik zu inszenieren. Zumindest nicht komplett Ich glaube nicht, daß das noch mal richtig funktionieren würde. Vielleicht wäre da ein eher konventionell gedrehter Film mit mehr Augenmerk auf die Handlung doch die bessere Wahl. Naja, wir werden sehen ... <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smile.gif" alt="" />