Der Priester macht Anstalten, etwas auf die Worte des Fremden zu entgegnen und will sich gegen dessen Anweisung aufbäumen. Doch andererseits muss er dem mysteriösen Hünen beipflichten. Obwohl er keine Schmerzen mehr verspürt, hat die Abwehrreaktion der dem Fremden innewohnenden Magie ihn viel seiner Kraft gekostet.
Der Priester nickt dem über ihn gebeugten Fremden zu und signalisiert damit sein Einverständnis. Dann hebt er seine Hände dicht vor seine Augen und mustert sie aufmerksam. Er kann keine Verletzungen erkennen. Die Finger sind ein wenig bleich, als wären sie zu lange in der Kälte gewesen, und sie fühlen sich taub an. Probehalber bewegt sie der heilige Mann und ballt die Hände zur Faust. Obwohl die Empfindungen fast völlig fehlen, hat er immer noch die volle Kontrolle. Doch auf den Gebrauch von zerbrechlichen, womöglich noch teuren Gegenständen sollte er wohl vorerst verzichten - mit seinen empfindungslosen Fingern würde er sie womöglich zerdrücken. In einem Anflug von bitterem Humor grinst der Priester unwillkürlich. Selbst wenn seine Finger vollkommen in Ordnung sein sollten, so würde es hier wohl kaum eine Gelegenheit geben, mit zerbrechlichen Objekten zu hantieren. Und nach den elementaren Gewalten, die selbst einen Berg einzureißen vermochten und denen er nur knapp entkommen war, erscheint ihm allein der Gedanke an etwas Zerbrechliches absurd.

Der Körper des Priester entspannt sich, als seine Männer eine Decke über ihn legen, und erschöpft schliesst er die Augen. In dem unterirdischen Gang hatte er jedes Zeitgefühl verloren - wahrscheinlich war außerhalb des Berges bereits längst ein neuer Tag angebrochen.

"Ihr selbst könntet eine Rast gebrauchen!" hört er einen seiner Männer zu dem Fremden sagen. "Wenn Ihr einverstanden seid, werden wir die Wachen übernehmen und euch in einigen Stunden wecken."

Der Priester lächelt. Wenn die Legenden die Wahrheit sagten, dann würde der Fremde seine Kräfte auch ohne Schlaf regenerieren können. Doch vielleicht war es besser, wenn seine Männer nicht über die wirkliche Natur des Hünen Bescheid wussten.

Das erste Mal seit den Ereignissen im Tempel wandern die Gedanken des Priesters zurück zu den Abenteurern. Es konnte kein Zweifel daran bestehen, dass sie das Unmögliche erreicht und das Siegel geheilt hatten. Die entsetzte Reaktion des Dämons war eindeutig gewesen, auch wenn der Zusammenbruch des Tempels eher dagegen sprach. Hoffentlich hatten die Abenteurer auch einen Ausweg aus dem Tempel gefunden. Der Priester war abgeklärt und hatte das Antlitz des Todes schon vielfach und in allen möglichen Nuancen gesehen. Trotzdem schaudert es ihn bei dem Gedanken, dass die verwegenen Männer und Frauen zerschmettert und zermalmt unter den Trümmern des Berges begraben liegen könnten.

Sein Blick sucht die Augen des Fremden. Er war immerhin eine Weile mit ihnen unterwegs gewesen und hatte besondere Fähigkeiten.
"Was meint Ihr", fragt er ihn, "sind die anderen noch am Leben?"