Groß im Fordern, klein im Geben - Wer schwarz arbeiten läßt, schadet sich und dem Staat (von Armin Jelenik)

Da kann auch der gesetzestreueste Bundesbürger schwach werden: Rund 20 Euro kostet eine Handwerkerstunde, wenn Vater Staat außen vor bleibt, 45 Euro, wenn Steuern und Sozialabgaben bezahlt werden. Wer da nicht zum Gesetzesbrecher wird, ist entweder ein Heiliger oder hat so viel Geld übrig, daß ihn auch mehr als doppelt so hohe Kosten nicht kratzen.
Da auf die Mehrzahl der Bundesbürger weder die eine noch die andere Annahme zutrifft, ist Schwarzarbeit zum Massenphänomen geworden, und der volkswirtschaftliche Schaden geht in die Milliarden. Die jetzt von Bundesfinanzminister Hans Eichel angestoßene Debatte um eine verschärfte Verfolgung der Schattenwirtschaft war daher überfällig und wichtig. Schade nur, daß die Bundesregierung bereits wieder Angst vor der eigenen Courage bekommt und angesichts der Proteste zurückrudert.
Natürlich geht es nicht darum, hinter jede Putzfrau einen Zollbeamten als Kontrolleur zu stellen. Nicht der Einzelfall ist die entscheidende Größe, sondern die gesamte Dimension des Problems - und die ist gewaltig, wenn tatsächlich 98 Prozent aller Putzfrauen, die einen geschätzten "Umsatz" von 55 Milliarden Euro erwirtschaften, schwarz beschäftigt werden. Daher reicht es eben nicht aus, zur verschärften Jagd auf ein paar große Fische in den bekannten "Sünderbranchen" Bau, Tourismus und Gastronomie zu blasen.
Gefragt ist bei uns allen ein neues Unrechtsbewußtsein - vor allem dann, wenn wir mal wieder zum großen Lamento ansetzen über die Zumutungen der Gesundheitsreform oder kaputte Straßen, für deren Reparatur das Geld fehlt. Staat und Sozialkassen bluten unter anderem aus, weil wir groß im Stellen von Forderungen an die Gemeinschaft, aber klein im Geben sind.
Für häusliche Dienste, etwa von Putzfrauen, hat die Regierung mit den Mini-Jobs eine leidlich akzeptable Alternative zur Illegalität geschaffen. Solange Schwarzarbeit allerdings ein Kavaliersdelikt ist die Abgaben hoch bleiben, wird sich daran im gewerblichen Bereich auch mit verschärften Kontrollen nicht viel ändern.