Auch wenn ich mich gerne aus politischen Diskussionen heraushalten möchte, will ich die Causa Clement kommentieren:

Er hat bewußte Provokation vertrieben und der SPD geschadet. Seine Angriffe gegen Ypsilanti waren ein Hohn. Er mag in der Sache teilweise recht haben, aber so geht man nicht mit seiner eigenen Partei um. Daher unterstütze ich den Parteiausschluß. Und nur daher, nicht etwa aus politischen Gründen. Sollte er nicht zügig ausgeschlossen werden, sondern eine Rüge erhalten, wäre es mir auch recht. Aber ungestraft - partei-thematisch gesehen - darf er nicht davon kommen.

Zur SPD selbst: Die Linke bereitet der SPD auf der "linken" Seite durchaus Probleme, sich sinnvoll zu positionieren. Von der Politik her weniger, denn die Linke kann man in vielen Punkten schwerlich ernst nehmen, aber doch von der Perzeption durch das Wählervolk, das sich gerne von leichten Reden und tollen Ideen blenden läßt. Falls die Linke an die Macht kommt (wie in Berlin z.B.), würde sie sich ebenso dieser ominösen "Mitte" nähern, wie es SPD, Grüne und Union in der Regierungsverantwortung auch machen. Es ist gar nicht anders möglich, weil man die theoretisch tollen Sachen nicht umgesetzt bekommt.

Insofern sehe ich zwei Möglichkeiten, wie sich die SPD mittel- bis langfristig erholen kann:

1. Zusammenschluß mit der Linken unter einem (Co-)Parteichef Lafontaine.
Dies hätte einen unglaublichen Glaubwürdigkeitsverlust am Anfang zur Folge und auch viele Proteste der Mitglieder. Aber es würde die Parteienlandschaft wieder in ihre alte Form zwingen und der SPD die Diskussionen ersparen, ob sie mit der Linken koalieren darf oder nicht. Wenn sich dann die Positionen der Linken zumindest in der Außenwirkung zum Teil beibehalten ließen, wären auch viele Wähler bereit, der SPD eine Chance zu geben. Lafontaine wäre dazu wichtig... es wäre eine triumphale Comeback-Show und würde in der Öffentlichkeit eine große Wirkung erzielen, gegen die Union nicht ankäme.

2. Rückkehr von Franz Müntefering als knallharter Parteichef, der das Heft in die Hand nimmt, die internen Streitigkeiten löst, den moderneren Kurs der Partei beibehält und die Entwicklungen, die unter Schröder ihren Anfang nahmen, fortsetzt.
Große Mitschuld an der SPD-Misere trägt meiner Meinung nach der Parteichef Beck. Der Mann ist einfach unfähig, die Partei zu einen, auch mal ein Machtwort zu sprechen und seine Kritiker in der Partei stillzubekommen. Selbst wenn er mal laut wird auf einem Parteitag oder sonstwo und den Eindruck erweckt, daß er sich aufregt, kommen gleich die Meldungen hoch, daß das nur ein kalkulierter Ausraster war.
Münte - auch da hätten wir ein Comeback - würde in einer schwierigen Phase für die Partei zurückkehren, seine Macht vergrößern und die Kritiker effektiver ruhigstellen können... denn die Alternative wäre, hinter die Linken zurückzufallen. So leid es mir um seine kürzlich verstorbene Ehefrau tut - das wäre der perfekte Zeitpunkt für eine Rückkehr.

Was auch immer passiert: Mit Beck am Ruder sinkt das SPD-Schiff auf alle Fälle. Er muß weg, dann könnte es wieder besser werden.

Disclaimer: Ich habe nur theoretisch gesprochen... und will nicht sagen, daß ich den einen oder anderen Weg präferiere. Im Grunde genommen ist es mir nämlich herzlich egal, wann welche Partei sich wie in die Versenkung katapultiert.


Nigel Powers: "There are only two things I can't stand in this world. People who are intolerant of other people's cultures... and the Dutch!"