Da wir es noch nicht explizit angesprochen haben: Barack Obama ist nun auch offiziell der 44. Präsident der USA.

Ich war nie ein Anti-Amerikanist wie manch anderer hier und anderswo. Ich habe immerhin Amerikanistik studiert, fühle mich der amerikanischen Kultur nicht allzu fern, konsumiere amerikanische Medien, spreche die amerikanische Sprache, verdiene damit mein Geld. Aber es verwundert natürlich nicht, daß mit GWB selbst solche Narren wie ich nicht ohne weiteres Gutes für Amerika sagen oder empfinden konnten. Bush und sein Regierungsteam hatten nach dem 11. September noch größtenteils unser Mitgefühl... auch der Krieg in Afghanistan war - obschon zweiflerisch beäugt - immerhin gemeinsam auf der Welt entschieden worden (über die Hintergründe der Anschläge müssen wir hier nicht diskutieren).
Aber spätestens danach haben sich die USA mit ihrem Präsidenten auf einen Weg begeben, der zumindest in meiner Lebens- und Erfahrungszeit beispiellos ist: Der Weg hinunter in die Hölle der Weltgemeinschaft. Da ist nicht nur der Krieg im Irak. Sondern auch und vor allem die Art und Weise, wie sich nicht nur die Regierung, sondern in gewisser Weise auch das gesamte Land zeigte - nicht zuletzt dadurch, daß GWB im Amt bestätigt wurde.

Kurz gesagt: Die Abneigung ggü. GWB und seinem Team hat leider auch dazu geführt, daß man ein gesamtes Land und seine Bevölkerung über einen Kamm geschert hat (ob zu Recht oder nicht, sei mal dahingestellt).

Was nun mit Barack Obama eingetreten ist, scheint mir das andere Extrem darzustellen. Nicht nur bei der Vereidigungsfeier konnte man mittlerweile eine so starke positive Erwartungshaltung und Energie spüren wie schon lange nicht mehr zuvor - weltweit! Alleine die Hautfarbe des Mannes - auch wenn ihn manch einer abschätzig als Halbschwarzer erachtet - zeigt überdeutlich, daß die USA weiter ist, als wir alle zu hoffen wagten.
Klar, es gibt genug Gründe, warum Obama gewonnen hat, obwohl der Rassismus natürlich nicht überwunden ist. Er hat als Erster das Internet für seinen Wahlkampf richtig genutzt. Er hat rhetorische Fähigkeiten, die ihm hierzulande öfter mal die Begriffe Seelenfänger und Populist eingebracht hat. Er profitiert ungemein vom Frust nach der GWB-Regierung. Er hatte mit McCain keinen nennenswerten Gegner.
Aber trotz allem ist er nicht ein gewöhnlicher neuer Präsident, sondern ein Schwarzer. Der auch ncoh Hussein heißt. Daß die US-Bürger diesen Mann zu ihrem Präsidenten gemacht haben, läßt einen hoffen. Auch keimt Hoffnung auf angesichts des Programms, das Obama angekündigt hat. Im Grunde genommen wird er das meiste anders und meiner Meinung auch besser machen... manches natürlich auch wohl gleich belassen. Aber alleine die Aussicht auf eine US-amerikanische Mitarbeit beim Umweltschutz und vor allem dabei, daß wieder etwas mehr Frieden einkehrt auf der Welt, sind Gold wert.

Ganz besonders beeindruckend ist die schon erwähnte Energie, die heuer von den Amis ausgeht. Wer die Massen in Washington während des Konzerts oder der Vereidigung gesehen hat, wer gesehen hat, wie die Menschen einfach so in Tränen ausbrechen, nur weil Obama Präsident ist, wer Obamas Rede gehört hat und die Signale verstanden hat, die davon ausgingen, wer ganz einfach die Euphorie und die Hoffnung, mit denen wir ins Jahr 2009 starten spürt - der kann nicht unbeeindruckt bleiben.

War z.B. die Vereidigung und das ganze Drumherum pompös, pathetisch, nationalistisch und kitschig? Ja. Aber erstaunlicherweise WIRKT das Ganze nicht so negativ, wie es noch unter GWB oder etwa hierzulande gewirkt hätte. Und das alles hat nur einen Grund: Barack Obama.

Ich hoffe inständig, daß unser aller Erwartungen und Hoffnungen ob dieses Mannes nicht bitterlichst enttäuscht werden. Ich hoffe, daß er seine Ziele umsetzen kann und nicht vor den nationalen und internationalen Problemen kapituliert. Ich hoffe, daß die USA wieder zur alten "positiven" Stärke zurückkehren - denn, auch wenn viele ein Problem damit haben: Die USA sind so oder so da. Sie sind die einzig verbliebene Supermacht (Rußland ist nicht wirklich ernstzunehmen). Sie haben überall auf der Welt einen Einfluß, der kaum in Worte zu fassen ist. Und von ihnen hängt zu viel auf der Welt ab, als daß wir uns an ihrem drohenden Untergang ergötzen dürfen.
Ich hoffe, daß Barack Obamas Wahl genau der geschichtliche Wandel sein wird, den alle sich erhoffen.


Nigel Powers: "There are only two things I can't stand in this world. People who are intolerant of other people's cultures... and the Dutch!"