Originally Posted by buad
[

Dass möglicherweise die zeitpläne so "heruntergehandelt" werden, dass sie praktisch nicht zu schaffen sind, steht auf einem anderen Blatt. Korrekterweise sollte ein Entwickler, dessen ursprünglicher Zeitplan vom Publisher massiv zusammengstrichen wurde, keinen Vertrag eingehen.


Das Risiko, dass unvorhergesehene Probleme auftauchen, ist bei der Softwareentwicklung für PC aufgrund vieler Faktoren deutlich höher als in manch anderer Branche - die schier unendliche Zahl an Hardwarekombinationen und OS-Konfigurationen beim Endkunden sind nur zwei davon. Oft vergehen im Zuge einer Spieleentwicklung mehrere Jahre, in denen es gilt, sich ständig auf die rasante Weiterentwicklung in diesem Bereich ein- und umzustellen, damit das Produkt am Ende technisch immer noch up to date ist. Da muss ein ursprünglich aufgestellter Zeitplan gar nicht vom Publisher zusammengestrichen werden - der usprünglich aufgestellte Zeitplan ist angesichts dieser Umstände ohnehin so gut wie nie zu halten.

Der Publisher ist ja auch nur ein Faktor in der Rechnung. Banken und Investoren (bei börsennotierten Unternehmen auch die Aktionäre) machen ebenfalls Druck und drehen dem Studio ggf. den Geldhahn zu, wenn sich ein Release immer wieder nach hinten verschiebt. "It's done when it's done", das können sich heutzutage leider nur Entwickler mit gaaaanz langem finanziellen Atem leisten. Wer sich aber mal die Entwicklungskosten in dieser Branche anschaut, wird schnell feststellen, dass es gar nicht mehr ohne diese Geldgeber geht.

Der langen Rede kurzer Sinn: Arbeitest du mit all den o.g. Parteien zusammen, gibts du damit dein Projekt praktisch aus der Hand. Das betrifft dann nicht zuletzt auch die Frage, zu welchem Zeitpunkt und in welchem Zustand es auf den Markt kommt.

Das Traurige daran ist: Die meisten Investoren interessiert dabei der Imageschaden (und im Nachgang auch der finanzielle), den ein Entwicklerstudio durch den Release von wiederholt unfertigen Produkten erleidet, kaum. Die investieren ja selten langfristig, sind zumeist schon durch den Boxverkauf zufriedengestellt und suchen sich alsbald die nächste Firma, in die sie für eine bestimmte Zeit ihr Kapital pumpen (und mit Gewinn wieder herausziehen) können. Ich weiß nicht, ob man hier das Rad nochmal zurückdrehen kann; ich wage es zu bezweifeln.


Wir bestreiten unseren Lebensunterhalt mit dem, was wir bekommen, und wir leben von dem, was wir geben.
(Winston Churchill)