Originally Posted by elgi

Der Hauptunterschied in diesem Zusammenhang besteht darin, wie wir das "Vergehen" der Vier sehen. Ich persönlich folge der Lesart, daß sie Ypsilanti hintergangen haben... indem sie ihr (zumindest Herr Walter in starken Maße) zu verstehen gegeben haben, daß sie hinter ihr stehen... nur um ihr dann medienwirksam kurz vor der Wahl die Unterstützung entzogen haben. Die angenommenen Gründe dafür sind Machtgier, Rachsucht und Parteitaktik.
Und nur weil ich dieser Lesart glaube, kann ich die "Bestrafung" - die sich auf die Partei betrifft und keinerlei Verfassungsrechte aktiv tangiert - nachvollziehen und gutheißen. Ein Rausschmiß wäre meiner Meinung nach die deutlich bessere Alternative gewesen.

Wenn ich die Sache so sehen würde wie du - nämlich daß die Vier ehrenhaft gehandelt und niemandem etwas vorgemacht hätten -, so würde ich deine Entrüstung teilen. Nur das tue ich halt nicht. In meinen Augen ist Walter ganz einfach ein macht(not)geiler Wurm. Sonst nix.


Nein, Elgi, da verstehst du mich noch immer etwas Mist. wink
Ich behaupte nicht, daß das Verhalten der "Rebellen" ehrenhaft war - ich schließe es lediglich nicht aus. Und halte es zudem für irrelevant, solange es, wie gesagt, nicht um eindeutige Straftaten wie Bestechung geht. Noch einmal: Es ist für mich einfach unerläßlich, daß ein gewählter Abgeordneter ohne jeglichen Rechtfertigungszwang gegenüber irgendjemandem außer dem Wähler das tun darf, was ihm richtig erscheint. Natürlich sollte dieses "richtig" im Idealfall nicht von persönlichen Interessen geleitet sein, sondern von Überzeugung. Aber um das zu glauben, bin ich dann doch nicht mehr naiv genug. wink

Im übrigen meine ich mich auch zu erinnern, daß Walter sehr wohl schon lange vorher als Gegner einer Koalition mit den Linken bekannt war - sein Fehler war nur, daß er offenbar zugesagt hatte, dennoch dafür zu stimmen (soweit ich das in Erinnerung habe). So gesehen kann man natürlich argumentieren, daß seine kurzfristige Meinungsänderung unredlich war. Man kann aber auch argumentieren, daß er gerade noch rechtzeitig zu Vernunft gekommen ist und nicht eindeutig GEGEN seine Überzeugung stimmen wollte (und ich glaube, daß auch du zugeben wirst, daß ihm zumindest seine große Abneigung gegen die Positionen der Linken durchaus abgekauft werden darf). Außerdem gehe ich davon aus, daß ziemlicher Druck auf ihn ausgeübt wurde, um ihn von einem Querschießen abzuhalten - was auch nicht meinem Verständnis von guter Politik entspricht ...

Aber wie gesagt: Für mein Absprechen der Wählbarkeit der SPD ist das eigentlich unerheblich, es beeinflußt lediglich meine Sym- oder Antipathien für die Beteiligten.

Originally Posted by elgi

Und bei der Simonis: Sorry, aber wenn jemand bei den internen Abstimmungen für sie stimmt und dann bei der Wahl gegen sie - und das mehrfach -, dann kann ich das nicht als Gewissensentscheidung interpretieren, sondern einfach entweder als feige oder böswillig. Und beides sind keine Qualitäten, die ich bei Politikern schätze. Feige ist für mich jemand, der aus Angst um seine Parteikarriere nicht zu seiner Meinung von Anfang an steht. DASS es solche Typen gibt, möchte ich nicht bestreiten, aber das bedeutet nicht, daß ich ihr Verhalten auch noch gut finden muß.


Vielleicht ist dir die sarkastische Note in meinen diesbezüglichen Ausführungen entgangen ...
Natürlich halte ich das Verhalten des Simonis-Abweichlers grundsätzlich immer noch für grundfalsch. Aber angesichts der Hessen-Erfahrungen komme ich eben zu dem sarkastischen Schluß, daß er angesichts der Umstände wohl rational gehandelt hat ...

Ragon:
Eigentlich sind für mich neben SPD und Union auch FDP, Grüne und Linke nicht wählbar - und vermutlich noch jede andere Partei, die es gibt und mit deren Parteiprogrammen ich mich nicht näher befaßt habe. Denn dummerweise vertritt jede Partei in Deutschland aus meiner Sicht mindestens ein absolutes "No-Go". Allerdings differenziere ich je nach Größe der Parteien: SPD und Union sind immer noch "groß" genug, daß sie bei jeder möglichen Regierungskoalition (außer der Großen Koalition, wo das nur eingeschränkt gilt) das Sagen hätten. Grüne und FDP (Linke lasse ich außen vor, da ich die auf keinen Fall wählen werde!) könnten dagegen nur "Junior-Partner" in der neuen Regierung werden - sprich: Sie können nicht mal ansatzweise alle ihre Positionen durchsetzen, haben aber eine Art ausgleichende Macht.
Vereinfacht gesagt: Sie könnten das Schlimmste verhindern ...
Deshalb verzeihe ich ihnen auch ihre (relativen) Extrempositionen. SPD/Grüne wäre allemal besser als eine (derzeit natürlich illusorische) SPD-Alleinregierung, weil die Grünen hier ihre unrealistischen, teilweise sogar schädlichen Wirtschaftsvorstellungen nicht durchsetzen könnten, die SPD aber zu noch stärkerem Umweltengagement zwingen würden.
FDP/Union wäre besser als eine Union-Alleinregierung, weil die FDP die rechts-konservativen Tendenzen der Union stark abmildern würde (wie ich in Bayern ja schon verfolgen kann, wo die CSU prompt ihre Klage gegen die Adaption durch homosexuelle Paare zurückgenommen hat und auch in anderen Themenbereichen nicht mehr so extrem ist - wofür sie sich im Moment mit kindisch-genervten Verbal-Attacken gegen die FDP revanchiert grin ).

Und die ausgleichende Wirkung wird natürlich umso stärker, je besser der jeweilige Juniorpartner abschneidet (zumindest solange immer noch ein deutlicher Unterschied beim Wahlergebnis bestehen bleibt - sonst gibt´s nur Krach).

Deshalb werde ich am Ende vermutlich doch wieder eine dieser beiden Parteien wählen - je nachdem, wie die Situation bis dahin aussieht. Es sei denn, sie verärgern mich doch gar zu sehr, dann werden´s halt die Freien Wähler oder die Piraten ...