buad, ich bin mir sogar hundertprozentig sicher, daß eine ähnliche Abstimmung in Deutschland zum gleichen Ergebnis kommen würde (naja, sagen wir neunzigprozentig). Genauso, wie ich mir sicher bin, daß die meisten populistischen Forderungen der rechten Parteien gute Chancen auf eine Mehrheit hätten. Nach diversen Umfragen hat ja selbst die Todesstrafe mitunter mehr Befürworter als Gegner in Deutschland (die Ergebnisse wechseln eigentlich ständig, insofern kann man wohl von einem relativen Gleichgewicht sprechen) ...

Das ist ja auch der Grund dafür, daß ich - ja, diese Meinung ist unpopulär, aber ich stehe dazu - GEGEN eine Ausweitung von Volksbegehren und ähnlichem bin. Meine Meinung vom "Mensch in der Masse" ist nämlich ausgesprochen niedrig. Und wird leider immer und immer wieder bestätigt, aber nur selten mal widerlegt.

Das aber nur am Rande. Was deinen Einwand zur Religionsfreiheit der Christen in Deutschland oder anderen europäischen Ländern betrifft, sehe ich da eigentlich keine größeren Probleme.
1. Das Kreuz in der Schule.
Fakt ist: Wir haben eine im Grundgesetz festgelegte Trennung von Staat und Kirche. Die meisten Schulen werden staatlich betrieben, also haben da Kreuze nichts zu suchen, wenn sie jemanden ausdrücklich stören (was vermutlich eher selten vorkommt, selbst ich als überzeugter Katholizismus-Gegner habe in der Schule nicht von dem Recht Gebrauch gemacht, das Kreuz abhängen zu lassen - weil es mich nicht wirklich gestört hat).
2. Kritik oder Spott an/über Religionen.
Zugegeben, es GIBT ein Ungleichgewicht, ein deutliches sogar. Ich sehe dabei aber keinen Zusammenhang mit der Religionsfreiheit. Über den Islam wird meines Erachtens sogar sehr viel kritischer berichtet als über das Christentum - nur die Komiker, Kabarettisten und Karikaturisten widmen sich lieber dem Christentum, weil das für sie derzeit nunmal am gefahrlosesten möglich ist (gibt halt keine Inquisitoren mehr, früher war das anders ...). Von Rechts wegen wird aber meines Wissens alles gleichbehandelt, und das ist für mich entscheidend.
3. Verkaufsoffener Sonntag.
Erstens hat die Kirche ja gerade heute vor Gericht Recht bekommen. Und zweitens hängt das natürlich von der konkreten Ausprägung ab. Ich weiß nicht, wie genau das gehandhabt wird, aber solange den Beschäftigten freigestellt wird, ob sie am Sonntag arbeiten müssen oder nicht (ist es so?), sehe ich da auch kein Problem. Warum sollte es eine Einschränkung der Religionsfreiheit eines Christen sein, wenn ANDERE LEUTE sonntags einkaufen gehen können?

Und was die Frage betrifft, inwiefern ein Minarett konkret mit dem Glauben zu tun hat: Sorry, die verstehe ich nicht. Das ist doch vollkommen schnurzpiepegal. Würdest du auf die Idee kommen, den christlichen Kirchen das Glockengeläut (das in der Tat SEHR nerven kann!) verbieten zu lassen - sie können ja schließlich auch ohne Glocken glauben? Mit dieser Argumentation kann man letztlich ALLE öffentlichen Glaubensstätten verbieten lassen.

Hmm ... was ja eigentlich meinen persönlichen Präferenzen entsprechen würde, weil ich die institutionalisierten Religionen für einen sehr essentiellen Baustein der Probleme in der Welt halte. Würde jeder nur noch für sich zuhause beten und niemand versuchen, den Menschen seine persönlichen Moralvorstellungen aufzuzwingen, dann wäre das meines Erachtens ein großer Fortschritt.
Insofern wären wir wieder bei dem, was ich zu Beginn dieser Debatte gesagt habe:
Minarett-Verbot: Gerne! Zusammen mit Moschee-Verbot, Kirchen-Verbot, Synagogen-Verbot, ...

Aber nicht allein.

P.S.: Ich find´ es leider nicht mehr, aber im Zuge dieser Abstimmung habe ich auch ein Interview mit irgendeinem katholischen Bischof gelesen, der sogar direkt sagte, daß die Religionsfreiheit natürlich auch beinhalte, daß jede Religion ihre Glaubensstätten SO BAUEN DÜRFE, WIE SIE WOLLE (natürlich mit der üblichen Einschränkung: innerhalb der geltenden Gesetze)!