Die ARD zeigt heute um 22.45 Uhr als Free-TV-Premiere Todd Fields für drei OSCARs (Hauptdarstellerin Kate Winslet, Nebendarsteller Jackie Earle Haley und das Drehbuch) nominiertes Drama "Little Children". Die in einer typischen amerikanischen Vorstadt spielende Adaption eines Romans von Tom Perrotta (der gemeinsam mit Field auch das Drehbuch verfaßt hat) ist - da will ich keinem etwas vormachen - alles andere als leichte Kost.

Im Grunde genommen werden im Wechsel zwei unterschiedliche Episoden erzählt: In der einen geht es um Brad (Patrick Wilson) und Sarah (Kate Winslet), die in ihren jeweiligen Ehen unglücklich sind und deshalb eine Affäre miteinander beginnen - was in der spießigen Welt, in der sie leben, zu einigem Aufruhr führt und beide vor wichtige Entscheidungen stellt. Dabei haben sie noch Glück, daß sich die Nachbarn nicht ausschließlich über sie das Maul zerreißen, denn da gibt es ja noch den zweiten Handlungsstrang, in dem es um den verurteilten Kinderschänder Ronnie (Jackie Earle Haley) geht, der nach Verbüßung seiner Haftstrafe versucht, ein halbwegs normales Leben zu führen - was seine Mitbürger jedoch gar nicht gut finden und ihm auch sehr deutlich machen ...

"Little Children" ist weder ein sehr angenehmer noch ein perfekter Film. Die zwischen Melodram und Kleinstadt-Satire schwankende Inszenierung läßt sich viel Zeit mit der Entwicklung der Figuren und der Darstellung ihrer alles andere als vollkommenen Leben. Das ist einerseits natürlich gut, weil die Figuren somit echte Tiefe gewinnen und mitunter beinahe schmerzhaft glaubwürdig rüberkommen (speziell Brad und Sarah, die so lebensecht wirken, daß man wahrscheinlich gar nicht anders kann als zu denken: Genau DAS könnte - Gott bewahre - mir auch passieren!). Andererseits ist manche Szene aber vielleicht doch ein wenig arg in die Länge gezogen und hätte die eine oder andere Straffung dem 130-Minuten-Werk durchaus guttun können.
Absolut sehenswert ist "Little Children" dennoch. Weil er berührt, weil er zum Nachdenken anregt, eventuell gar zum Reflexieren über das eigene Leben (zumindest im Sinne von: "Was würde ich in dieser Situation tun?"), auch weil er wehtut - kurz: weil er einem lange im Gedächtnis bleibt.

Ein wichtiger Bestandteil dieser Wirkung sind natürlich die Darsteller. Kate Winslet war selten so phantastisch wie in diesem Film, meiner Meinung nach nicht mal in "Der Vorleser", für den sie endlich ihren hochverdienten ersten OSCAR erhielt. Doch Patrick Wilson überrascht ebenfalls mit einer starken Leistung und für Jackie Earle Haley war die vielschichtige Darstellung des pädophilen Ronnie sogar der Durchbruch zum Star (siehe seine folgenden Rollen in "Watchmen" und als neuer Freddie Krueger in "A Nightmare on Elm Street"). Zwar sind auch die Nebenrollen gut besetzt (u.a. mit Jennifer Connelly als Brads Ehefrau), aber dieser Film gehört eindeutig seinen drei grandiosen Hauptdarstellern.

Sollte sich also tatsächlich jemand aus diesem Forum an diesen schwierigen Film heranwagen, dann wäre ich sehr gespannt auf seine oder ihre Interpretation des Endes (des Brad/Sarah-Handlungsstrangs). Als ich den Film im Kino sah, dachte ich nämlich, daß es dafür eigentlich nur eine Interpretation geben könne - mußte später aber erfahren, daß auch eine geradezu gegenteilige Interpretation durchaus verbreitet zu sein scheint ...