Elgi schrieb zu Beginn des Jahres über "Battlestar Galactica" (und ich wiederhole auch für meine zusätzlichen Kommentare die SPOILER-WARNUNG!):

Originally Posted by elgi

Bei BSG handelt es für mich um die bisher beste SciFi-Serie, die ich gesehen habe, die sogar STTNG in den Schatten stellt - ich mag TNG an sich und einige Teile sind wirklich toll, einige der Schauspieler genial, die vermittelte Message herzerwärmend usw. Aber bei BSG sind fast alle Folgen durchgehend gut und packend, so spannend, daß man einfach sagt "Och, es ist zwar schon 5 Uhr morgens, aber eine Folge geht noch!"
Die Serie ist nicht nur spannend, sondern auch teilweise extrem gut gespielt, teilweise sehr brutal und hart, gleichzeitig aber auch bewegend (vor allem in den letzten beiden Staffeln) und herausfordernd. Eine geniale Mischung aus leichtem Humor, noch leichteren Soap-Eigenschaften, hartem Realismus, einer ausgeklügelten Gesamtgeschichte, bewegenden Einfällen usw.

Wie bei so vielen ist auch mein Lieblingscharakter Dr. Gaius Baltar - der in diesem Remake eine deutlich vielschichtigere Rolle spielt als noch im Original. Vor allem die Entwicklung, die Baltar vom Anfang bis zum Ende durchmacht, ist teilweise atemberaubend... und von James Callis nahezu immer genial gespielt. (Staffel 3 ist mMn in dieser speziellen Hinsicht am besten up)

Schwächen gibt es natürlich auch - wie etwa die in manchen Fällen leicht amateurhaften Effekte (aber es gibt auch einige richtig geile CGI-Szenen, vor allem die großen Raumschlachten in Staffel 3 und vor allem 4) oder teilweise abstruse Storyentwicklungen -, aber diese fallen für mich absolut nicht ins Gewicht.

Kurzgefaßt: Wer auch nur ansatzweise etwas mit SciFi anfangen, der MUSS Battlestar Galactica eine Chance geben.
Meine Note für die gesamte Serie: Ganz klare 10 Punkte.


Nachdem gestern auch im deutschen Fernsehen die finale Folge lief, kann ich nur sagen: Ich schließe mich Elgi in fast allen Punkten an!
Wobei ich die Bemerkung mit der "besten SciFi-Serie" durch "anspruchsvollste, komplexeste SciFi-Serie" (bezogen auf Europa oder Amerika) ersetzen würde - denn das ist sie meiner Meinung nach auf jeden Fall. Wenngleich zugegebenermaßen die Konkurrenz auch nicht überwältigend ist, denn im Genre herrschen ja im allgemeinen doch eher actionbetontere Stoffe vor (selbst in "Star Trek").

Umso erstaunlicher, daß man sich als Fan der Serie daher tatsächlich bei den amerikanischen Zuschauern bedanken muß, daß sie zahlreich genug eingeschaltet haben, um "Battlestar Galactica" ein selbstgewähltes Ende nach vier Staffeln zu ermöglichen, anstatt wie die meisten Serien irgendwann einfach abgesetzt zu werden. Ich weiß nicht, ob das in anderen Ländern möglich gewesen wäre - in Deutschland wohl keinesfalls, wenn man sich die Zuschauerzahlen bei RTL2 anschaut (beziehungsweise nicht anschaut, weil sie fast von Beginn an so niedrig waren, daß sie nicht einmal vom Sender gemeldet worden wären), aber auch die Reaktionen deutscher Zuschauer auf den gängigen Serienseiten.
Wobei es mich nicht wundert, daß viele, vor allem Anhänger von SciFi-Serien, mit BSG nichts anfangen können. Denn für Fans dieses Genres bietet BSG im Vergleich zu den sonstigen Gewohnheiten viel zu wenig Action und viel zu viel Dialoge und (auf den ersten Blick) unspektakuläre Handlung. Ganze Episoden, die nur der Entwicklung einzelner Charaktere dienen (gut, das gibt´s in anderen SF-Serien auch, aber selten so konsequent).
Wer an ein solches Vorgehen und Erzähltempo nicht gewöhnt ist, der hat natürlich zumindest zu Beginn seine Probleme damit. Auch die komplette Metaebene der Serie als Antwort/Kommentar auf Bushs "Krieg gegen den Terror" scheint an den meisten deutschen Zuschauern (vermutlich aber auch an etlichen amerikanischen) komplett vorbeizugehen, dabei ist sie für mich sogar mit die größte Stärke von "Battlestar Galactica"! Alleine die Umkehrung der moralischen Verhältnisse, speziell in den Folgen auf New Caprica zu Beginn der 3. Staffel, war ein echtes Highlight, das so in einer SF-Serie wahrlich nicht erwarten war. So gesehen kein Wunder, daß sogar die UNO im Jahr 2009 eine BSG-Retrospektive samt anschließender Podiumsdiskussion u.a. über Menschenrechte und Terrorismus mit einigen Darstellern und den Serienschöpfern abhielt, wie ich bei Wikipedia eben lese!

Sehr kurios finde ich allerdings den hartnäckig geäußerten Vorwurf, BSG sei eine reine Seifenoper. Nunja, selbst wenn man davon ausgeht, daß diejenigen, die das behaupten, offensichtlich den "tieferen Sinn" der Serie (oder die diversen Metaebenen oder wie auch immer man das zusammenfassen soll) gar nicht erst bemerkt haben, kann ich darüber nur schmunzelnd den Kopf schütteln, denn in BSG gibt es eigentlich auch nicht mehr Romantik als etwa in den "Star Trek"-Serien oder in "Stargate" oder selbst einer durchschnittlichen Krimiserie: Nämlich sehr wenig. Nur daß auch sie in BSG eindringlicher, meiner Meinung nach auch glaubwürdiger dargeboten wird als in den genannten anderen Serien.

Aber sei´s drum, tatsächlich ist ja das erstaunliche Ausmaß der Charakterentwicklung dafür ein weiteres Highlight der Serie. Ich kann mich nicht an viele andere Serien erinnern - selbst reine Drama-Serien -, in denen so viele Haupt- und Nebendarsteller eine so grundlegende und doch alles in allem meist glaubhafte Entwicklung durchlaufen haben. Allen voran Lee "Apollo" Adama, der eigentlich erst am Ende der 3. Staffel so richtig erwachsen wird. Oder natürlich sehr offensichtlich Dr. Baltar, der heimliche Star der Serie, der mehr oder weniger alle Höhen und vor allem alle Tiefen durchläuft, die man sich nur vorstellen kann. Aber auch, wenngleich deutlich subtiler, Admiral Bill Adama selbst oder Colonel Tigh. up

Kurioserweise hat mich selbst die einflußreiche religiöse Komponente der Handlung nur sehr selten gestört. Vielleicht, weil sie klugerweise immer mysteriös und undeutlich blieb, selbst bei Starbucks Rückkehr als möglicherweise - je nach Interpretation - eine Art Engel (wie von Dr. Baltar vermutet) ...

Natürlich könnte ich noch viel mehr zu dieser bemerkenswerten Serie schreiben und wie auch Elgi oben einige Schwachpunkte aufzählen (beispielsweise fand ich, daß es in der letzten Staffel doch ein paar kleinere Durchhänger gab), aber ich will es ja nicht übertreiben. Bleibt als kurzes Fazit:
Tolle, einzigartige Serie!

Mal sehen, wie lange uns das Franchise erhalten bleibt. Immerhin gibt es ja noch eine (allerdings mäßig laufende und deshalb wohl bereits akut gefährdete) Prequel-Spinoff-Serie namens "Caprica" und es wurde auch schon ein Direct-to-DVD-Film namens "The Plan" veröffentlicht, der, soweit ich das verstanden habe, die Ereignisse der ersten beiden Staffeln aus Zylonensicht erzählt (aber schlechte Kritiken erhielt, zumal etwa die Hälfte aus bekannten Szenen besteht). Erst kürzlich wurde zudem verkündet, daß man eine Reihe von Webisodes über die Erlebnisse des jungen Adama drehen werde (der bereits im vor der 4. Staffel gedrehten TV-Film "BSG: Razor" zu sehen war). Mal sehen, was da noch so kommt ... smile

Auf jeden Fall bin ich aber doch etwas traurig, daß für mich nun nach "Boston Legal" bereits eine zweite meiner absoluten Lieblingsserien zu Ende ging. *schnief* wink

P.S.: Übrigens befürchte ich, daß RTL2 gestern aus unverständlichen Gründen wieder mal die Schere angesetzt hat - oder ich war angesichts der Sendezeit nach Mitternacht so müde, daß ich die finale Szene von Tyrol anschließend wieder komplett vergessen habe. Jedenfalls war mir heute aufgefallen, daß über dessen Schicksal nichts gezeigt wurde (woran ich mich erinnern könnte) und deshalb habe ich mir die letzte Viertelstunde noch mal in einem Internet-Stream angeschaut. Da war die Tyrol-Szene jedenfalls dabei und auch noch eine weitere, die mir ebenfalls komplett unbekannt vorkam (eine Flashback-Szene mit Roslin) ...

Last edited by Ralf; 12/08/10 11:10 AM.