Elgi: Das FFF findet nicht nur in der fränkischen METROPOLE statt, sondern in so ziemlich allen anderen deutschen Großstädten! <img src="/ubbthreads/images/graemlins/tongue.gif" alt="" />

Mit einem Cannes-Gewinner ("Kontroll") hat das Fantasy Filmfest begonnen, mit einem Cannes-Gewinner (Großer Preis der Jury, mit besonderem Lob des Vorsitzenden Quentin Tarantino) hat es für mich gestern abend auch geendet:

OLDBOY:
Der vollkommen durchschnittliche Familienvater Oh Dae-Su wird eines Nachts gekidnappt und fortan 15 Jahre lang in einem durchaus komfortablen Zimmer (samt Fernseher) gefangengehalten. Dann wird er freigelassen und hat fortan nur noch zwei Dinge im Sinn: Gnadenlose Rache ... und die nagende Frage "Warum?". Und genau das hebt "Oldboy" von den üblichen Rachestories ab. Die Rache selbst ist für Dae-Su nur von sekundärer Bedeutung. Er will vor allem herausfinden, warum man ihm dieses Martyrium zugemutet hat. Dabei erhält er bald Hilfe von der jungen Mido.
Mehr kann ich von der Handlung nicht guten Gewissens preisgeben (mal abgesehen davon vielleicht, daß es gewisse Ähnlichkeiten zu "The Game", "Chinatown" und "Mystic River" gibt), denn das wäre wahrlich ein Verbrechen an allen Filmfans. Die Phrase "Nichts ist so, wie es scheint" trifft hier wieder mal perfekt zu und je länger man den Film verfolgt, desto beklemmender und verstörender wird er. Dank eines wirklich absolut OSCAR-würdigen Drehbuchs! Ich bin mir nicht mal sicher, ob am Ende alle Zuschauer die Story wirklich komplett durchschaut haben - ich jedenfalls mußte mich schon sehr anstrengen, bis mir (hoffentlich) alle grausamen Details klarwurden - was allerdings auch daran liegen könnte, daß aus mir völlig unverständlichen Gründen immer wieder mal die Untertitel einfach weggelassen wurden. Vermutlich wurde da nichts existenziell wichtiges gesagt, dennoch ärgerlich.
Perfekt ist der Film jedoch nicht. Erstmal ist die erste Hälfte noch relativ gemäßigt (denn solange ist es im Grunde genommen nur die klassische Rachestory), vor allem aber gibt es ein paar wirklich SEHR unappetitliche Szenen, auf die ich mit größtem Vergnügen verzichtet hätte - zumal der Film auch ohne sie (bzw. mit einer weniger direkten Abbildung) funktioniert hätte. In diesem Fall wäre ich für eine kleine Zensur in Deutschland gar nicht mal undankbar ...
Deshalb kann ich auch diesmal nicht die Höchstpunktzahl vergeben, sondern "nur" 9 Punkte.
Ein Hollywood-Remake ist übrigens auch hier schon in Planung.

Eines ist mir übrigens aufgefallen im Rahmen des FFF: Die drei asiatischen Filme, die ich gesehen habe (die Retrospektive einmal außer Acht gelassen), haben einige Gemeinsamkeiten:
1. Alle (nochmal zur Erinnerung: der chinesische "Infernal Affairs" und die südkoreanischen "Memories of Murder" und "Oldboy") beginnen relativ gemäßigt, steigern sich dafür zum Ende hin in unglaubliche qualitative Höhen (bei Hollywood-Filmen ist es oft genau andersrum ...).
2. Alle drei Filme sind von einem sehr schwarzen, fast britisch zu nennenden Humor durchzogen.
3. Klassische Happy-Ends scheinen in Asien nicht allzusehr beliebt zu sein. Alle drei Filme sind durch ein sehr zwiespältiges Ende gekennzeichnet. Nicht das schlechtest denkbare Ende, aber teilweise nicht weit davon entfernt.
4. Bei allen Filmen fällt auch die perfekte musikalische Untermalung auf. Während es in den USA und in Europa ja oft üblich ist, daß die Komponisten den Soundtrack schreiben, bevor sie den Film gesehen haben, scheinen mir die asiatischen Komponisten wesentlich unmittelbarer in die Filmproduktion eingebunden zu sein. Jedenfalls ist die Musik nicht nur (meistens) sehr gut, sondern paßt auch fast immer genau zu den gezeigten Bildern. Daran sollte man sich durchaus mal ein Beispiel nehmen in westlicheren Gefilden ...

Mein Fazit zu meinem ersten Fantasy Filmfest fällt sehr positiv aus. Unter den Dutzenden von Filmen haben sich zahlreiche Perlen versteckt, von denen ich auch die meisten erwischt haben dürfte. Meine Lieblingsfilme (verbunden mit einer hundertprozentigen Seh-Empfehlung, falls sie jemals regulär ins Kino kommen sollten!) waren der ungarische Eröffnungsfilm "Kontroll" mit seiner wunderbaren Mischung aus Thriller und schwarzer Komödie und "Infernal Affairs" mit seinem schlichtweg perfekten Showdown. "Oldboy" kann ich aufgrund der sehr verstörenden Handlung nicht wirklich als "Lieblingsfilm" bezeichnen. Beeindruckend war er aber auf jeden Fall. Und einer jener seltenen Filme, die einem auch nach dem Verlassen des Kinos lange Zeit nicht aus den Gedanken gehen.

Last edited by Ralf; 04/08/04 02:32 PM.