MICHAEL CLAYTON:

Michael Clayton (George Clooney) ist ein "Ausputzer". Sein Job ist es, die mächtigen (=reichen) Klienten seiner großen Anwaltsfirma aus selbstverschuldeten Schwierigkeiten rauszuhauen, möglichst BEVOR Polizei oder gar Presse Wind davon bekommen. Doch diesmal bekommt Clayton einen besonders heiklen Auftrag: Der für die Kanzlei in einem langjährigen Multi-Milliarden-Mega-Prozeß als Verteidiger eines großen Pharma-Konzerns tätige (und mit Clayton befreundete) Staranwalt Arthur Edens droht mitten im Prozeß die Seiten zu wechseln und den Klägern ein hochbrisantes Memo zugänglich zu machen, das die Schuld des Konzerns ziemlich eindeutig beweisen würde. Michael Clayton soll Edens wieder zur Vernunft bringen, doch der stellt sich reichlich bockig an ...

"Michael Clayton" ist im großen und ganzen ein klassischer 70er-Jahre-Verschwörungsthriller im Stile eines "Die drei Tage des Condor" oder "Das China Syndrom". Passenderweise ist denn auch "Condor"-Regisseur Sydney Pollack hier in einer Nebenrolle als einer von Claytons Bossen zu sehen. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smile.gif" alt="" />
Doch gibt es einige Details, die "Michael Clayton" von den genannten Filmen unterscheiden.
Einmal ist da die Atmosphäre zu nennen. Während die 70er-Jahre-Filme v.a. dank des Kalten Krieges von einer extremen Paranoia lebten, ist diese hier deutlich weniger ausgeprägt.
Selbst das klassische Motiv des gesichtslosen, bösen Konzerns wirkt hier bei weitem nicht so extrem. Dies ist vor allem das Verdienst von Tilda Swinton (die für ihre Rolle mit dem OSCAR ausgezeichent wurde), die als Konzern-Vertreterin zwar die Rolle des Film-Bösewichts übernimmt, dieser aber trotz recht geringer On-Screen-Time erstaunliche Tiefe und Menschlichkeit verleiht und somit den abstrakten "bösen Konzern" auf eine konkrete menschliche Ebene herunterholt.
Vor allem aber ist es die Titelfigur des von George Clooney wieder einmal herausragend gespielten Michael Clayton, die den Film so interessant macht. Während es in den 70ern meist mehr oder weniger strahlende Helden waren, die den üblen Machenschaften von "denen da oben" auf die Spur kamen (z.B. Journalisten oder junge, idealistische Anwälte), ist Clayton eher ein Anti-Held, ja beinahe sogar selbst einer von den Bösen. Zumindest befindet er sich absolut in der Grauzone und vor allem: Er weiß das auch! Man kann nicht gerade behaupten, daß sein sehr spezieller Job ihm großen Spaß macht und seine zahlreichen privaten Probleme helfen auch nicht unbedingt weiter. Michael Clayton ist - obwohl er sich durchaus bemüht - kein moralischer Mensch. Erst die Zwickmühle, in die sein Freund Arthur Edens ihn bringt, zwingt ihn regelrecht dazu, endlich aus seinem langjährigen, für ihn selbst deprimierenden Trott auszubrechen.
Michael Clayton ist ein realistischer "Held", ein menschlicher "Held". Also eigentlich gar kein Held. Sondern nur jemand, der plötzlich versucht, das Richtige zu tun.
Und da Clayton von George Clooney gespielt wird, hat er trotz all seiner Schwächen die Sympathien des Publikums.
Viele Kritiker haben denn auch den Film als reines Clooney-Vehikel bezeichnet. Damit tut man zwar den hervorragenden Nebendarstellern Unrecht (nicht umsonst erhielt "Michael Clayton" insgesamt drei Darsteller-Nominierungen bei den OSCARs), aber letztlich stimmt es schon. Ohne Clooney würde der Film wahrscheinlich nicht funktionieren. Und Regie-Debütant Tony Gilroy nutzt das Charisma und die schauspielerischen Fähigkeiten seines Stars denn auch weidlich aus - bis weit hinein in den Abspann (eine tolle Szene!).

Auch sonst muß man Gilroy loben: Er hantiert mit erstaunlicher Souveränität mit Stilmitteln wie Zeitsprüngen und Perspektivwechseln, die einen mitunter gar an "Memento" erinnern. Er legt Wert auf Details, ohne sie durch langatmige Erklärungen der Protagonisten zu zerreden.
Und auch die zurückhaltende, aber erhabene, gute Musik von Altmeister James Newton Howard überzeugt.

Dennoch hat auch dieser Film seine Schwächen: Beispielsweise die, daß durch die starke Clooney-Zentrierung die anderen Charaktere sich nicht so gut entfalten können, wie es möglich wäre. Außerdem kommt das Ende ein wenig zu plötzlich und ist zudem inhaltlich diskutabel. Ohne spoilern zu wollen: Die finale Wendung ist erstens sehr vorhersehbar und zweitens meines Erachtens nicht hundertprozentig glaubwürdig angesichts dessen, was man in den knapp 120 Minuten zuvor gesehen hat.

Aber insgesamt hat mir "Michael Clayton" sehr gut gefallen. Er ist kein spektakulärer Film, sondern eher ein nostalgisch anmutendes Vergnügen. Und ich mag sowas. Geadelt durch die tollen Schauspieler (auch wenn ich Tom Wilkinsons deutsche Synchron-Stimme unpassend fand) ergibt das schöne 8,5 Punkte. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/up.gif" alt="" />