Ulrich Tilgner im Konflikt mit dem ZDF - Wundgerieben[/b][b]ZDF-Nahost-Korrespondent Ulrich Tilgner zweifelt an den journalistischen
Methoden des Mainzer Senders. Mit Schröder habe der eingebettete
Journalismus in Deutschland begonnen.
Von Hans Leyendecker und Christopher Keil[color:"orange"]In einem in diesen Tagen erschienen Handbuch über Kriegs- und
Krisenberichterstattung beschreibt der ZDF-Korrespondent Ulrich Tilgner, 60, die
"Gratwanderung" bei der Informationsbeschaffung. Er schildert die Versuche der
"Bevormundung" durch Militärs und Politiker: "Gezielte Indiskretionen,
Falschmeldungen, Propagandakonstrukte". Wohin der Blick des 60 Jahre alten
Journalisten auch schweift, überall droht Medien die Gefahr, durch Mächtige
manipuliert zu werden.
Was der Nahost-Korrespondent des ZDF in dem Buchbeitrag nicht beschrieb, war
der alltägliche Kleinkrieg mit der Redaktion, mit den Besserwissern, den
Neunmalklugen, die ignorieren, dass in Teheran die Uhr zweieinhalb Stunden
weiter und alles Behördliche geschlossen ist, wenn sie um 15.30 Uhr nach der
Konferenz einen Beitrag bestellen. Tilgner ist Leiter des ZDF-Büros in Teheran
und ZDF-Sonderkorrespondent für den Nahen und Mittleren Osten, an der
Zentrale hat er sich wundgerieben.
Boulevardesk und regierungsfromm...
Einer, der nicht dazugehörtAber sind die eigenen Leute noch unabhängig? Tilgner tut sich erkennbar schwer
mit jenen ZDF-Leuten, die nah am Berliner Regierungsbetrieb sind und dann mit
dem Außenminister Frank-Walter Steinmeier nach Kabul fliegen und berichten.
"Die Berliner", sagt er gern, und das klingt gar nicht nett. Nah dran, doch ohne
Durchblick, heißt das übersetzt. Mit der Regierung des Gerhard Schröder habe
der eingebettete Journalismus in Deutschland angefangen, und Steinmeier setze
die Tradition durch, sagt Tilgner schon mal Vertrauten.
Es kann passieren, dass in Kabul deutsche Militärs nicht mit ihm reden, weil
gerade die Politik exklusiv was mit einem Boulevard-Blatt macht. Längst ist nach
seiner Wahrnehmung ein geschlossener Kreislauf entstanden, in dem
Journalisten die Adressaten symbolischer Politik sind und die Wahrheit auf der
Strecke bleibt. In Kabul ist Tilgner neulich von deutschen Diensten abgehört
worden - Vorsicht, da redet einer, der nicht dazugehört.
Dass die Zentrale im Mainz nach Wahrnehmung von Tilgner die amerikanische
Warnung vor der angeblichen Atommacht Iran aufnimmt und sogar verstärkt,
irritiert ihn sichtlich. Es gibt viele Beispiele, die zeigen, dass der Experte wenig
zählt oder als Abweichler behandelt wird.
Korrespondenten sind manchmal scheue, empfindsame Wesen, aber der
Zuschauer verbindet mit ihnen die Welt. Dass Tilgner, egal welcher Vertrag ihm
vom ZDF angeboten wird, seine Berichterstattung fürs Schweizer Fernsehen
ausweiten will, hat damit zu tun, dass die Schweizer ihm nicht reinreden.
Sendungen wie Tagesschau oder 10 vor 10 seien Institutionen, sagt Tilgner, der
in der Schweiz ein Großer ist. Das zielt auch gegen das heute-journal.[/color]