Die Sonne steigt langsam hinter den Bergen auf. Erwachende Tiere und Personen erfüllen die Luft allmählich mit ihren Geräuschen. Zaghafte Töne eines Vogels wehen an den Gefangenen vorbei. Leicht weht blumiger Duft an dem Tross heran, verweilt kurz und folgt dann einer Biene, die dröge vorbeischwirrt.

Die Gefangenen bieten ein Bild, das nicht so recht in den frischen Morgen passen mag: erschöpft, abgekämpft, teilweise blutverschmiert und alle haben dunkle Ringe unter den Augen.

Rashida kann ihre Augen kaum noch offen halten. Die ganze Nacht sind sie nun marschiert, ein Ausruhen war nicht möglich, da ihre Beine durch den Zauber immer weiter und weiter gehen.

Die Kriegerin hat schon bemerkt, dass Stone, warum auch immer, nicht mehr so rüde wie die anderen behandelt wird. "Er kann sich frei bewegen!", murmelt sie leise, darauf bedacht, nicht den Argwohn des Priesters zu wecken.

Die Gruppe nähert sich einer Weggabelung. "Aha, eine Strasse führt wieder zu den Bergen, die andere Strasse in Richtung Handelsbezirk. Wo gehen wir hin?"

Ein einzelnes Haus duckt sich neben der Gruppe hinter einen Baum.
Die Reiter bleiben stehen, einer sitzt ab und führt alle Pferde zur Tränke.
Auch das Laufvolk bekommt frisches Wasser, jedem wird auch ein halber Eimer Wasser über den Kopf geschüttet.
"Ah, tut das gut!", denkt Rashida erfreut, denn die Erfrischung kommt gerade richtig.

Nach der kurzen Pause marschiert der Tross weiter, zur Weggabelung hin.
Seltsamerweise nehmen die Ritter den Weg in Richtung Berge. "Oha, wo bringen sie uns denn hin?", überlegt Rashida. Sie muss es anscheinend recht laut gedacht haben, denn plötzlich ist der Priester neben ihr. "Wir gehen zu unserem Tempel", erwähnt er, interessiert in die Luft schauend, "wir haben die Hälfte des Weges in etwa geschafft."

"Die Hälfte? Du meine Güte, das halt ich nie im Leben aus!", denkt Rashida resigniert. Plötzlich fühlt sie, wie ihre Kräfte wieder erstarken, ihr Hungergefühl ist weg und sie fühlt sich, als hätte sie die ganze Nacht geruht.
Verlegen schaut sie sich um, den anderen scheint es ähnlich zu gehen. Sie trifft den Blick des Priesters, der den Kopf schüttelt und mit den Schultern zuckt.

Aufmerksam beobachtet Rashida die Umgebung, jeder Busch wird eingehend angestarrt, aber sie kann niemanden erkennen.
"Was muss die Sonne auch so hell scheinen!", meckert die heilige Streiterin und flucht recht unheilig, aber sehr, sehr leise.
"Ach zefix, ist mir doch egal, wer uns diesen Zauber hat zu kommen lassen!", grummelt sie leise und stapft weiter, die Umgebung keines Blickes mehr würdigend.


Quem dei diligunt, adulescens moritur. Titus M. Plautus